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Interview mit Jirka Arndt

„Keine Marathon-Szene wie in anderen Ländern“

Steeple:
Mit einer Zeit um 2:15 Stunden kannst Du bereits die Führung in der deutschen Jahresbestenliste übernehmen, was nicht gerade für die Stärke der deutschen Marathonmänner spricht. Wie schätzt Du diese Szene momentan ein?

Jirka Arndt:
Auf der einen Seite gibt es Läufer wie Sebastian Bürklein, die noch etwas zulegen könnten, andererseits werden die Routiniers wie Stephan Freigang vielleicht gar nicht mehr so lange dabei sein. Carsten Eich ist verletzt. Es sieht relativ dünn aus, das spiegelt sich auch in der deutschen Jahresbestzeit wider. Wir haben keine Szene wie in anderen Ländern, die sich gegenseitig pusht. 

Steeple:
Dein Ex-Trainer Stephane Franke prognostizierte bereits im letzten Winter mittel- oder langfristig die besseren Perspektiven bei Dir auf den längeren Strecken. Wie sieht Deine Planung über den Berlin-Marathon hinaus aus?

Jirka Arndt:
Ich peile auf jeden Fall die EM-Teilnahme, und das am liebsten im Marathon, an. Wenn das nicht klappt, dann will ich mich über 10.000 Meter qualifizieren. Das sind meine beiden Varianten, die ich abwäge. Je nach dem, wie der Berlin-Marathon läuft, werde ich vielleicht im Frühjahr einen weiteren Marathon laufen. Dadurch, dass die EM schon Anfang August ist, könnte die Zeit danach aber recht knapp werden. Deswegen setze ich die Karten eher auf den Marathon. Auch im letzten Olympiajahr wollte ich mich erst über 10.000 Meter qualifizieren und bin dann, sozusagen als Plan B auf die 5.000 Meter ausgewichen. Jetzt denke ich, dass ich mit der Basis aus dem jetzigen Training heraus die 10.000 Meter meistern kann, wenn ich die Marathonnorm nicht packe. 

Steeple:
Wie schätzt Du denn die Chancen der deutschen Läufer auf den längeren Strecken bei einer Europameisterschaft ein?

Jirka Arndt:
Es ist schwer, die Spanier haben auch in diesem Jahr wieder gezeigt, dass sie zur Hochform auflaufen können. Die sehe ich auf alle Fälle ganz weit vorne. Aus Portugal und aus Skandinavien kommen auch schnelle Leute. Momentan ist das noch schwer einzuschätzen. Aber der Marathon hat für mich auch noch eine andere Bedeutung, da geht es nicht nur um die Platzierung. Je weiter vorne man ankommt, umso schöner ist es. Es geht aber auch um das Durchstehen des Wettkampfs und die Teilnahme an Meisterschaften ist bereits eine Auszeichnung.

„Denke, dass wir für Frieden laufen“

Steeple:
Noch einmal kurz zurück zum Berlin-Marathon. In der letzten Woche trafen die Veranstalter die Entscheidung, das Event trotz der schrecklichen Terroranschläge in den USA nicht abzusagen. Wie stehst Du als Athlet dazu?

Jirka Arndt:
Ich denke, Sport ist ein Mittel, dessen sich die Politik bedient. Sport entsteht aus freiheitlichen und friedlichen Gedanken. Das sind die Grundlagen für den Wettstreit. Deshalb denke ich, dass wir auch für Frieden laufen. Würde man sportliche Veranstaltungen wegen solcher Ereignisse in Frage stellen, läuft man Gefahr, dass man überhaupt die ganze Kultur abgräbt. Ich finde es aber auch vernünftig, dass man in den ersten Tagen zum Gedenken an die Opfer Ereignisse absagt. Der Berlin-Marathon ist der größte in Deutschland mit den meisten Nationen am Start. Das ist wichtig, gerade auch in einer historischen Stadt wie Berlin. 

Steeple:
Vielen Dank für das interessante Gespräch.

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