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Interview mit Inga Leiwesmeier

„Leistungen viel zu überraschend“

Paderbornerin hat Qualifikation für Europacup in Bremen im Auge

05.06.01 (fc/dg) Heike Drechsler kämpft mit einer Verletzung, Susen Tiedtke hat in diesem Jahr noch gar keinen Wettkampf bestritten. Da packte eine andere die Chance beim Schopf, zu diesem frühen Zeitpunkt des Sommers auf sich aufmerksam zu machen. Beim Meeting in Wesel sprang Inga Leiwesmeier am Pfingstmontag 6,65 Meter weit und erreichte damit zumindest die zweite Norm für die WM in Edmonton. Noch fehlen aber zehn Zentimeter zum Ticket. Das Hauptziel ist allerdings die Europameisterschaft in München im nächsten Jahr, wie die Paderbornerin beim Steeple-Interview in Wesel erzählte.

Steeple:
Inga, herzlichen Glückwunsch zum Sieg im Weitsprung. Bist Du überrascht von deiner Weite ?

Inga Leiwesmeier: 
Ich habe in dieser Saison, wenn ich ganz ehrlich bin, gehofft, dass ich mal über 6,40 Meter springen kann, dann wäre ich schon glücklich gewesen. 1999 hatte ich einen Achillessehnenriss und in der Folge noch mit Entzündungen zu kämpfen.

Steeple:
Nach dem Sprung auf 6,65 Meter, was einen Zentimeter unter Deiner Bestleistung ist, war die Luft für Dich dann plötzlich raus?

Inga Leiwesmeier: 
Ja, ich war überhaupt nicht auf diese Weite eingestellt, ich bin am 13. Mai in Saarlouis schon 6,57 m gesprungen, das war schon über meinen Erwartungen, aber diese Weite noch mal toppen zu können, daran hätte ich nie im Leben gedacht. Meine Sprintleistungen im Training wurden zwar besser, aber die letzten Einheiten im Weitsprung waren eigentlich nichts Besonderes. Ich habe immer noch weiche Knie und kann gar nicht glauben, dass ich noch mal so weit gesprungen bin.

Steeple:
Denkt man denn jetzt schon mal an die Weitsprungnorm für die WM in Kanada, die bei 6,75 Metern liegt?

Inga Leiwesmeier: 
Die Weltmeisterschaft ist für mich dieses Jahr nicht geplant, diese Saison sollte zum Reinkommen sein und wir wählen nur ein paar Wettkämpfe aus, nicht zu viele, nicht zu wenige. Das große Ziel ist die EM im nächsten Jahr.

Steeple:
Die Qualifikationsnorm liegt höher, als vor einem Jahr für die Olympischen Spiele in Sydney…

Inga Leiwesmeier: 
Ja, wenn man 6,75 Meter springt, ist man im Endkampf immer dabei, aber man nimmt den Jüngeren auch ein bisschen die Chance, sich zu qualifizieren.

Steeple:
Wie stehst Du zu den geplanten Regeländerungen der IAAF, mit nur noch vier Versuchen im Weitsprung?

Inga Leiwesmeier: 
Also für mich hätte es heute gereicht (lacht). Nein, so richtig auseinander gesetzt habe ich mich damit noch nicht. Vielleicht wäre es sogar vorteilhaft für mich, weil ich eine sichere Anläuferin bin. Mit dem Anlauf habe ich in der Regel keine Probleme, das ist meine Stärke, auf die kann ich mich verlassen.

Steeple:
Welche weiteren Wettkämpfe hast du geplant ?

Inga Leiwesmeier: 
Ich starte jetzt beim DLV-Meeting in Dortmund und habe dann dort die Chance, mich für den Europacup in Bremen zu qualifizieren. Wenn ich richtig informiert bin, wird die beste Deutsche von Dortmund für den Europacup nominiert.

Steeple:
Heike Drechsler und Susen Tiedtke sind verletzt. Sind die Wettkämpfe nun psychologisch einfacher für Dich und die anderen jüngeren Springerinnen?

Inga Leiwesmeier: 
Also wenn ich ehrlich bin, beeindruckt mich das nicht, wenn Heike dabei ist. Da kann meinetwegen eine Weltmeisterin oder Olympiasiegerin springen, das ist mir ziemlich egal, weil ich mich in erster Linie an mir messen muss. Wenn ich Bestleistung springe und andere weiter springen, dann habe ich mein Bestes gegeben und muss die Leistung der Konkurrentinnen erst mal akzeptieren.

Steeple:
Jetzt hast du einen ziemlichen Lauf, sollte man als Athlet nicht diese Chance nutzen und Unmögliches möglich machen und doch noch versuchen die 6,75 Meter anzugreifen ?

Inga Leiwesmeier: 
Sicherlich werde ich bei jedem Wettbewerb, den ich jetzt noch bestreiten werde um jeden Zentimeter kämpfen, aber ich springe nicht mit den 6,75 im Hinterkopf, weil es dann in die Hose geht. Wenn man das immer im Kopf hat, dann vergisst man die Technik, dann vergisst man, wie man anlaufen muss, das ist eben falsch. In diesem Jahr sind die Leistungen noch zu überraschend gekommen, viel zu überraschend. Ich bin jetzt in der Halle 6,26 Meter gesprungen und da war ich schon völlig fertig, weil ich eben die anderthalb Jahre Ausfall hatte und ich kann die Leistungen auch noch nicht so richtig erklären. Aber sicherlich muss man sich mit 6,75 Meter auseinander setzen, aber in diesem Jahr ist das irgendwie noch ein bisschen schwer.

Steeple:
Es sieht so aus, als wäre es ein Vorteil, dass Du Deine Leistungssteigerung nicht richtig erklären kannst?

Inga Leiwesmeier: 
Wahrscheinlich bin ich ein Wettkampftyp, da bin ich voll und ganz da und lass mich auch nicht von den Leistungen der anderen Athletinnen einschüchtern. Im Gegenteil, es motiviert mich schon, wenn die Heike meinetwegen 6,70 Meter springt, dann will ich sie schon noch ein wenig ärgern bzw. wachrütteln und zeigen: moment, hier sind noch andere Springerinnen. Das hilft ihr ja auch und man kann sich gegenseitig ganz gut puschen.

Steeple:
Danke für das Gespräch.