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Interview mit Nouria Merah-Benida

„Religion ist wichtiger als Sport“

Olympiasiegerin wird in der Heimat von ihren Landsleuten verehrt

„Verlange nicht viel Geld vom Staat“

Steeple:
Unterstützt der algerische Staat Sie finanziell?

Nouria Merah-Benida:
Ja, dieses Jahr hat er mich gefragt, wofür ich finanzielle Hilfe benötige. Aber ich verlange nicht viel. Was ist bekomme, reicht mir. Eigentlich könnte ich mehr beantragen, da ich aber die Situation in meinem Land kenne, mache ich das nicht. Ich lasse mir die Kosten meiner Vorbereitung und die Unterstützung durch Ärzte und Physiotherapeuten erstatten. Das Wichtigste ist ja, dass ich gesund bin. Das Ministerium hatte mir gesagt „Du bekommst alles, was Du willst.“ Ich verdiene das vielleicht, aber das möchte ich gar nicht. Es ist ja auch viel wichtiger, dass sie mit dem Geld die anderen Athleten unterstützen. Außerdem verdiene ich ja auf Meetings gutes Geld.

Steeple:
Wie religiös sind Sie? Sie haben vorhin vom Ramadan gesprochen, halten Sie sich daran?

Nouria Merah-Benida:
Ja, ich begehe jedes Jahr den Monat des Ramadan und halte mich an alle Regeln. 

Steeple:
Und wenn ein Wettkampf in diese Zeit fällt?

Nouria Merah-Benida:
Es ist für mich wichtiger, dass ich mich an die Karenzzeit halte. Da muss ich gegebenenfalls auf den Wettkampf verzichten. Der Ramadan ist wichtiger als meine sportliche Karriere. Das ist meine Religion, darauf kann ich nicht verzichten. Mein Gott lässt mir gelingen, was ich unternehme, weil ich mich an den Ramadan halte. Meine Karriere kann von einem Tag auf den anderen zuende sein, aber meine Religion wird es immer für mich geben.

Steeple:
Beten Sie auch fünfmal am Tag?

Nouria Merah-Benida:
Ja, darauf verzichte ich nicht. Das mache ich jeden Tag. Nichts hält mich davon ab.

Steeple:
Wie ist das mit dem Essen hier in Deutschland?

Nouria Merah-Benida:
Mit dem Fleisch ist das ziemlich schwierig, weil ich ja nur halal [d.h. nach muslimischer Art geschlachtetes Fleisch] esse. 

Steeple:
Wie werden Sie das heute beim Abschlussbankett machen?

Nouria Merah-Benida:
Ich esse kein Fleisch, sondern eben Nudeln, Fisch oder den Nachtisch. Gestern im Flugzeug hatte ich zum Beispiel einen riesen Hunger, aber es gab leider nur Schinken. Also habe ich mich eben an den Kuchen gehalten. Fleisch esse ich nur bei mir zu Hause. Wenn es wirklich gar nichts anderes zu essen gibt, wenn man am Verhungern ist, erlaubt unsere Religion es uns schon, auch Fleisch zu essen, das nicht halal ist, also auch Schweinefleisch.