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Saison 2001: Europacup in Bremen

400-Meter-Läufer schöpfen Hoffnung

Ingo Schultz will beim Europacup in Bremen vorne mitlaufen

20.06.01 (fc) Mit Ingo Schultz gibt es wieder Hoffnung am in den letzten Jahren arg krisengeschüttelten deutschen 400-Meter-Himmel. Das Nordlicht buchte am vergangenen Sonntag in Nürnberg endgültig das Ticket zur Weltmeisterschaft in Edmonton. Am kommenden Wochenende geht es nun in Bremen beim Europacup in Bremen um wichtige Punkte für das Team und auch die Möglichkeit der 4×400-Meter-Staffel, auf sich aufmerksam zu machen.

„Die WM-Norm ist ziemlich hart“, weiß der deutsche Meister Lars Figura, der in diesem Jahr fürchten muss, seinen Titel an dem im Vorjahr angeschlagenen Schultz zu verlieren. Trotzdem bekräftigt der Neu-Dortmunder, der im letzten Jahr noch im Trikot von Werder Bremen auf der Bahn stand, dass der Europacup die Chance darstellt, sich zu empfehlen. Im vergangenen Jahr hagelte es heftige Kritik, nachdem damals die Staffel in Gateshead mit einer Zeit von 3:07,15 Minuten nur hinterher lief. „Wir sind auf breiter Front leistungsfähig“, analysiert Figura die derzeitige Situation. 

Abgesehen von seinem Vereinskollegen Ingo Schultz bietet derzeit jedoch kein deutscher 400-Meter-Läufer Zeiten an, mit denen man international ein Wörtchen mitreden kann. Figura, der überwiegend eigenverantwortlich trainiert, hofft aber auf eine Besserung: „Die Konkurrenz im eigenen Land ist der Schlüssel zu schnelleren Zeit.“ Mit Ruwen Faller wurde ein hoffnungsvoller Athlet für die Staffel in Bremen, die sich möglicherweise aus Schultz, Figura, Michael Dragu und Marc-Alexander Scheer zusammensetzt, als fünfter Läufer nominiert. Der mehrfache deutsche Jugendmeister bittet ebenfalls noch um Geduld und will sich nicht unter Druck setzen lassen: „Man muss ruhig bleiben. Ich bin erst 20.“ Das scheint in der Tat das Motto zu sein, denn Wunderdinge sind von der Europacup-Staffel nicht zu erwarten, die Messlatte liegt jedoch hoch. Die DLV-Norm von 3:03,20 Minuten ist eine harte Nuss, vor allem, weil sie sich aus der Addition von Einzelleistungen zusammensetzen muss. Etwas mehr als in Gateshead sollte vor heimischem Publikum allerdings möglich und die Mindestanforderung sein.

Ingo Schultz: „Zwischen Platz eins und sieben ist in Bremen alles möglich“

Die Hauptlast ruht auf den Schultern von Aufsteiger Ingo Schultz, der momentan nur so vor Selbstvertrauen strotzt und mit couragierten Rennen auf sich aufmerksam macht. Von taktischem Geplänkel hält der 25jährige wenig. Aus dem Startblock heraus drückt er auf das Tempo und so kam er in Jena, Dortmund und Nürnberg zu Zeiten unter 46 Sekunden. International Standard, aber in Deutschland mittlerweile zur Seltenheit geworden. Auch im letzten Jahr war Schultz der einzige deutsche Athlet, der unter dieser Marke geblieben war, ehe ihm eine Verletzung einen Strich durch die Olympiaambitionen machte. Der Hüne mit einer Körpergröße von 2,01 Metern hat bereits die nächste Schallmauer im Hinterkopf, wenn einmal die Reserven auf den letzten Metern reichen: „Dann steht vielleicht die 44 vor dem Komma.“ Die Karriere des Ingo Schultz ist überhaupt ein Phänomen. Innerhalb kürzester Zeit etablierte er sich als Seiteneinsteiger in der deutschen Spitze. 

Angesichts der Sonderregelungen, die in den Nominierungsrichtlinien für den Nachwuchs gelten, scherzt Schultz-Trainer und Entdecker Jürgen Krempin: „Da sollte es nach Wettkampfjahren gehen.“ Bei deren drei würde sein Schützling praktisch noch zur blutjungen Garde zählen. Ein zugedrücktes Auge von Verbandsseite hat Ingo Schultz aber längst nicht mehr nötig. Das will er auch beim Europacup in Bremen wieder unter Beweis stellen. Das Einzelrennen über 400 Meter scheint offen und viel wird davon abhängen, ob es Schultz gelingt, seine Konkurrenten von Bahn eins aus zu überraschen und ob die Reserven auf der Zielgerade reichen. Von den europäischen Gegnern war bislang in diesem Jahr nur der Spanier David Canal schneller. Deshalb will Ingo Schultz am Samstagnachmittag im Weserstadion vorne mitlaufen. „Zwischen Platz eins und sieben ist für mich alles möglich. Die Bahn eins gibt zwar Überblick, kostet aber wohl auch zwei oder drei Zehntel, weil man mehr Kraft in den engeren Kurven aufwenden muss“, gibt er sich noch bedeckt.