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Weltmeisterschaft in Edmonton

Impressionen von den Titelkämpfen

Kathleen Friedrich und Ingo Schultz schildern die Eindrücke der WM

24.07.-15.08.01 (fc) Mit der Chemnitzer 1500-Meter-Läuferin Kathleen Friedrich und Ingo Schultz, dem schnellsten Deutschen auf der Stadionrunde, konnten wir zwei Athleten gewinnen, die Impressionen ihrer ersten WM-Teilnahme auf „Steeple“ zu schildern. Wie die beiden die Titelkämpfe in Nordamerika erleben, berichten sie in regelmäßigen Abständen direkt aus dem DLV-Lager, das vor der WM zunächst zum Großteil bis zum 2. August in Calgary in einem Vorbereitungscamp Station machte. Lesen Sie selbst…

Edmonton, 13. August – Der Abschlussbericht

Nach einer etwas zu lang andauernden Sendepause unsererseits hier der Abschlussbericht von uns mit einer geballten Ladung an Informationen, da sich in den Tagen der WM doch einiges angesammelt hat. Es gibt viel zu erzählen, legen wir los!

Zu den Wettkämpfen an sich wollen wir eigentlich nichts mehr schreiben bzw. beurteilen, da die meisten derer, die unser Tagebuch lesen, diese sicherlich selbst verfolgt haben. Nur soviel: am Beispiel von uns beiden kann man sehen, wie nahe Freud und Leid beieinander liegen können. Aber so ist der Sport: es gibt Gewinner, es gibt Verlierer – und jetzt werfen wir fünf Mark ins Phrasenschwein. Aber das Leben geht weiter und die nächste WM ruft – 2003 in Paris.

Die West Edmonton Wall

Beliebter Anlaufpunkt bei Sportlern, Trainern und Funktionären war das weltgrößte Shoppingcenter hier in Edmonton. Ein gigantisches Gebäude, ein Erlebnispark für Jung & Alt. Kaum vorstellbar, wenn man nicht selbst da gewesen ist. Vom Vergnügungspark mit großer Achterbahn, Erlebnisbad mit Rutsche, Wellenbad, Strandkörben und ähnlichem, U-Bootfahrten in einer künstlich angelegten Wasserwelt, Delphinshow, Minigolfanlage und sogar auf einer Eisbahn konnte man sich austoben. Mann konnte sich natürlich auch in den Geschäften vergnügen – Einkaufsmöglichkeiten gibt es genug. Die Kreditkarte kam des öfteren zum Einsatz. Das anonyme Bezahlen mit der Karte beruhigt zwar auf der einen Seite das Gewissen, aber zu Hause wird wahrscheinlich das böse Erwachen kommen. Aber man lebt nur einmal!

Tauschmania und Info-Karten der Polizisten

Zum Ende der WM wurde auch fast jeder von der Tauschmania befallen, wobei das Traden vor allem mit Pins begann. Heiß begehrt und, wie aus internen Kreisen berichtet, auf Platz 1 der WM-Beliebtheitsskala: der ARD&ZDF-Pin. „I love colors“, meinte eine Kanadierin im Tausch gegen einen Edmonton-2001-Pin zu ihrem gerade erworbenen Stück! Ganz interessant waren auch die „Info-Karten“ der Polizisten. Man stelle sich Baseballkarten zum Sammeln vor. Nur, dass auf diesen Karten keine Stars von Baseballmannschaften ihre Daten preisgeben, sondern einfache Polizisten. Man erfährt einiges über ihre Hobbies, natuerlich persönliche Daten, wie Geburtstag u.a. und einen speziellen Satz an die Buerger gerichtet (z.B. über Sicherheit im Straßenverkehr). Das stelle man sich mal in Deutschland vor. 

Nach vielen Tauschaktionen der Kleidung waren schließlich auch die Nationalmannschaften ein buntgemischter Haufen. Am letzten Tag ging es noch mal heiß her. Nach den abschließenden Staffelwettkämpfen löste sich die Spannung und Athleten aller Länder drehten gemeinsam eine gigantische Ehrenrunde mit Pauken und Trompeten. Das hat einigen ganz schön den Rundenschnitt versaut. Am Abend feierten alle Beteiligten weiter auf dem Abschlussbankett. Ganz im kanadischen Stil bekam jeder beim Eintritt einen Hut und konnte sich dann mit Burgerfood, Rodeo reiten, Country-Tänzen u.a. vergnügen. Wir könnten noch mehr berichten über unzählige Adrenalinausstöße im Callroom und weitere Geschichten am Rande der WM, wollen aber erst mal die Eindrücke selbst verarbeiten und zum Saisonabschluss noch ein paar Wettkämpfe bestreiten bzw. in den Urlaub fahren!

Wir hoffen, dass ihr Spaß beim Lesen und beim Verfolgen der WM hattet. 

Bis demnächst,
Kathleen und Ingo

Edmonton, 7. August – Bilder sagen manchmal mehr als tausend Worte

Nach dem sensationellen Gewinn der Silbermedaille ging für Ingo der große Medienrummel los. Sicher wird der „schnellste Redakteur Deutschlands über 400 Meter“ (O-Ton DLV-Generalsekretär Frank Hensel) bald wieder die Zeit finden, um über sein Husarenstück und das, was sich danach alles ereignete, gemeinsam mit Kathleen, die leider im Halbfinale Pech hatte, an dieser Stelle zu berichten. Wir möchten es nicht versäumen, uns jetzt bereits bei den beiden zu bedanken und gratulieren Ingo noch einmal herzlich zu seinem genialen zweiten Platz. (Die Redaktion)

Mehr zu Ingos Auftritt in Edmonton:

07.08.01: Ingo Schultz: Das Donnerwetter eines deutschen Hoffnungsschimmers
07.08.01: Interview mit Vize-Weltmeister Ingo Schultz
07.08.01: Die Sensation ist perfekt – Ingo Schultz holt Silber über 400 Meter
06.08.01: Gelingt Ingo Schultz der dritte Streich? Es geht um eine Medaille…

Edmonton, 3. August – Edmonton welcomes the world

Mit diesen Worten auf Plakaten am Stassenrand wurden wir bei der Einfahrt nach Edmonton begrüßt. Zuvor hatten wir eine dreistündige Busfahrt von Calgary hinter uns, 300 Kilometer immer geradeaus. Ein Paradies für alle Raser, doch nur so lange, bis einem die Polizei im Nacken sitzt und man eingestehen muss, dass man das Tempolimit leicht überschritten hat.

Im positiven Sinne wurde auch bei der Akkreditierung das Tempolimit überschritten. Alles ging im Handumdrehen: Hinsetzen, Foto schießen, ausdrucken und einschweißen. Nach cirka 15 Minuten baumelte jedem die Akkreditierung um den Hals.

Der erste Eindruck vom Megaevent WM in Edmonton ist überwältigend. Unser Hotel macht einen guten Eindruck. Wir fühlten uns sogleich sehr heimisch, da sich genau vor unserer Tür ein IKEA „shoppiong center“ befindet. Wir teilen das Hotel mit Schweizern, Franzosen und anderen Nationen. Im Nachbarhotel sind weitere Mannschaften untergebracht. Dort findet auch das gemeinschaftliche „Essenfassen “ statt. Endlich dürfen wir wieder das vertraute Klappern von Essbesteck und Porzellangeschirr vernehmen. 

Eigentlich haben wir noch viel mehr zu erzählen. Da wir morgen unsere Vorläufe bestreiten, fällt dieser Bericht etwas kurz aus. Wir hoffen, dass ihr morgen alle Daumen drückt und vor dem Fernseher mitfiebert. Wenn alles überstanden ist, melden wir uns wieder und berichten von der Taufe, aktuellen WM-Anekdoten und was sonst noch so ansteht. (Kathleen und Ingo)

Calgary, 31. Juli – Erste Adrenalinstösse: WM rückt näher – „Frischlinge“ erwartet Taufe

Hier wieder einmal ein kleines Lebenszeichen von uns. Haben ein kleines Päuschen eingelegt, da in den letzten Tagen nicht sonderlich viel passiert ist. Alles, was am Anfang so neu, unbekannt und aufregend war, ist nun so langsam Alltag. Am Samstag haben wir die vorerst letzten Neuankömmlinge begrüßt und sind demnach nahezu vollzählig. Nur nahezu, da die „Marathon-Damen“ erst zwei Tage vor ihrem Start anreisen. Trotzdem wurde gestern schon das obligatorische Mannschaftsfoto geschossen und eine erste (von zwei) Mannschaftsbesprechungen abgehalten. Viele meinten danach, dass sich, als über Wettkampfstätten, Callroomzeiten und anderes gesprochen wurde, die ersten Adrenalinstösse einstellten. Die WM rückt näher. Außerdem eröffnete uns unsere Mannschaftssprecherin Heike Drechsler, dass alle „Frischlinge“, die bisher noch nicht an einer EM, WM oder an Olympische Spielen teilgenommen haben, in den nächsten Tagen eine Taufe erleben werden. Wir sind gespannt.

Ansonsten geht hier alles seinen geregelten Gang. Die Cookies erfreuen sich immer noch an großer Beliebtheit bei Jung und Alt, bei Athleten, Trainern, Betreuern und Funktionären. Der Gang zur „Horror-Waage“ bei den Physios wird daher immer schwerer, zumal uns der leitende DLV-Arzt Dr. Schreiber schon offiziell auf die „Gefahren“ der kanadischen Vollpension hingewiesen hat.

Fitnesswahn greift auch auf Trainer, Funktionäre und Betreuer über

Der Fitnesswahn hat seit Tagen auch schon unsere Trainer, Funktionäre und Betreuer erfasst. Schon ab sechs Uhr drehen die ersten ihre Runden. Andere schwitzen eine Stunde auf Ergometern im Fitnessraum, der zu dieser Zeit schon „proppevoll“ ist. Kompliment, Kompliment!

Obwohl es natürlich auch einige Negativstimmen gibt, aber wo gibt es die nicht, hat man sich an das Essen gewöhnt. Man muss sich seine „Rosinen“ eben herauspicken. Nur das Essen mit Plastikbesteck und Einweg-Styropor-Geschirr erinnert irgendwie an Jahrmarkt und ist nicht unbedingt nachahmenswert. So langsam hat sich auch der Dauermüdigkeitszustand gelegt, womit wieder die Faustregel bestätigt wird, dass man pro Stunde Zeitumstellung einen Tag einplanen muss.

Am Montagabend gab es einen letzten Testwettkampf in Calgary, den einige Athleten noch zur Formüberprüfung genutzt haben. Die 4x100m der Männer lief erstmals mit Tim Goebel als Schlussläufer (womit die Frage von Jürgen aus dem LA-Forum vom 27.7. geklärt wäre), während die 400m-LaeuferInnen über 300m ihre Unterdistanzfähigkeiten getestet haben. Nicole Marahrens und Nancy Kette haben über die volle Distanz um den ersten Ersatzplatz in der 4×400 gekämpft –  es ging zu Gunsten von Nicole aus. Auch bei den Field Events wie Kugel und Hammer gab es deutsche Beteiligung, stellvertretend für alle sei Astrid Kumbernuss genannt. Leider liegen uns keine offiziellen Ergebnisse vor. 

Außerdem sei allen Ungeduldigen gesagt, dass Zeiten und Weiten dieser Testwettkämpfe nicht so entscheidend sind. Bei der WM wird abgerechnet! (Kathleen und Ingo)

Calgary, 27. Juli – In Kanada in anderen Dimensionen denken

Der Juli scheint der DLV-Geburtstagsmonat zu sein (ja, ja… diese kalten Herbst- und Winterabende vor dem Kamin). Vorgestern „erwischte“ es nun schon Nancy Kette (4x400m) und seit heute sind auch Ingo Schultz (400m) und Thomas Moede (Dreisprung) im Doppelpack der 30 ein Stück näher. Happy Birthday allen Beteiligten!
Gestern habe ich auch mal „Downtown“ unter die Lupe genommen bzw. die dortigen Shoppingmöglichkeiten. In Kanada muss man lernen, in anderen Dimensionen zu denken. Alles ist riesiger, weitläufiger, gigantischer. Das kann man getrost  auch auf die Einkaufsmöglichkeiten beziehen. Da schlägt jedes Shopping-Herz Purzelbäume. Interessant sind auch die Kontraste, wenn man den Boulevard  entlang läuft. In vorderster Front stehen tolle alte Häuser aus der Jahrhundertwende, die ein eigenes Flair vermitteln. Dahinter riesige, zumeist verglaste Mehrgeschosse, Geschäftsgebäude, Banken etc. Topmodern und nostalgisch – die Kontraste von Downtown. (von Kathleen Friedrich)

Viertelmeiler zum „Höhentraining“ in die Rockies

Während Kathleen heute Calgary erforschen konnte, hat die 400m-Maenner-Truppe einen Ausflug in die Rocky Mountains gemacht. Nach neunzigminütiger Fahrt  haben wir Banff erreicht, eine olympische Stadt, die sich zur Touristenmetropole gewandelt hat. Von dort sind wir mit einer Gondelbahn auf 2200 Meter Höhe gefahren, um einen herrlichen Ausblick über die Rockies zu  bewundern. Das nennt man dann Höhentraining! (von Ingo Schultz)

Fitnesswahn auf den Sportanlagen der Uni

Nun sollte man nicht den Eindruck gewinnen, wir seien hier nur zum Vergnügen. Trainiert wird natürlich auch! Allerdings etwas gemäßigter als im Vorfeld. Es gilt, das Trainierte umzusetzen, die richtige Frische zu erlangen und den letzten Kick herauszukitzeln. Da tut beizeiten etwas Abwechslung gut.Heute gab es einen ersten kleinen Vorbereitungswettkampf, bei dem unsere Sprinter ihre Trainingsfortschritte erprobt haben. Die Staffel kam bei windigen Verhältnissen nach 39,33 sec ins Ziel – allerdings ohne Staffelstab. Damit waren unsere Staffelläufer in der Besetzung Alexander Kosenkow – Steffen Otto -Tobias Unger – Rasgawa Pinnock natuerlich nicht zufrieden, aber Teamleiter Uwe Hakus beurteilt die Ausgangsposition fuer die WM als durchaus gut. Unseren Sportaktivitäten stehen die übrigen Bewohner der Universität kaum nach. In den Sportanlagen der Uni scheint der Fitnesswahn ausgebrochen zu sein. Wer nicht auf den verschiedenen Laufbändern seine Runden dreht, versucht sich an den Kraftgeräten, spielt Basketball, Volleyball oder bewegt sich auf Inlinern, Schlittschuhen, mit dem Kanu oder anderswie fort. Alles ist möglich. Wie gesagt, in Kanada muss man in anderen Dimensionen denken. (von Kathleen Friedrich und Ingo Schultz)

Calgary, 25. Juli – Was ist der ultimative Wachbleibetipp?

Ein herzliches Hallo auch von Kathleen, in Zukunft berichten wir zu zweit aus Kanada. Der zweite Tag naht sich dem Ende und die Müdigkeit stellt sich schon wieder ein. Die acht Stunden Zeitumstellung erweisen sich als schwieriger als erwartet und wir suchen immer noch den ultimativen Wachbleibetipp. Wir sind fuer alle Empfehlungen offen. Bisher halten wir uns mit Training, kleinen Ausflügen nach Downtown Calgary und Essen wach. 

Das Essen hat amerikanischen Charakter und wir können aus mindestens zehn verschiedenen Arten Muffins, Cookies und anderen Süßigkeiten auswählen. Dürfen wir natürlich nicht 😉 Es gibt auch Salat, der im Gegensatz zum Nachtisch ein Vermögen kostet. Wir werden leider täglich dazu genötigt, riesige Müllberge zu produzieren, weil in der Mensa vom Besteck über Teller und Tasse alles in großen Tonnen landet. Als Angehörige einer mülltrennenden Nation ist das schon ein ziemlicher „Kulturschock“. Ansonsten scheinen alle auf Sauberkeit zu achten, denn die Parks, Grünflächen und Strassen sind alle blitzeblank. Und dann gibt es hier noch einen wahren Fitnesswahn, aber darüber erzahlen wir das nächste Mal. Bye-bye. (von Kathleen Friedrich und Ingo Schultz)

Calgary, 24. Juli – Im DLV-Vorbereitungscamp angekommen

Hallo allerseits und herzliche Grüße aus dem entfernten Kanada. Wir sind am Sonntagnachmittag nach neunstündigem Flug in Calgary gelandet. Da dauert es bestimmt noch ein paar Tage, bis wir die Flugstrapazen und die acht Stunden Zeitumstellung verarbeitet haben. Das Wetter ist wechselhaft: Gestern schien den ganzen Tag die Sonne bei angenehmen 25 Grad und heute morgen regnet es. 

Wir sind in der Universität von Calgary untergebracht, dem ehemaligen Olympischen Dorf. Die Sportanlagen sind gigantisch hier, das Eisstadion hat unterirdische Katakomben mit weiteren Hallen, Krafträumen, Kletterwand und so weiter, in denen wir uns erst mal verlaufen haben. Natürlich gibt es auch ein Leichtathletikstadion in direkter Nachbarschaft zu einem Football- und einem Baseballstadion, so dass alle Trainingswünsche erfüllt werden können. (von Ingo Schultz)