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ISTAF in Berlin

Golden Jackpot geteilt durch Sechs

Zwei Weltjahresbestleistungen – Doch kein Sieg für „Flieger“ Busemann

31.08.01 (fc) Zum Abschluss der Golden League, traditionell beim ISTAF in Berlin, gab es noch fünf Bewerber um den 50 Kilo schweren Gold-Jackpot der Serie. Mit Allen Johnson, Hicham El Guerrouj, André Bucher und Olga Yegorova konnten vier Athleten auf den Zug aufspringen, während Stephanie Graf am Ende mit leeren Händen dastand. Damit teilen sich die 50 Kilo des Edelmetalls durch sechs Aktive, nachdem Violeta Beclea-Szekely und Marion Jones bereits vorzeitig fünf Siege erlaufen hatten. Für die sportlich wertvollsten Auftritte zeichneten Johnson und Yegorova mit den zwei Weltjahresbestzeiten des Abends verantwortlich. Die Russin fixierte zugleich einen neuen Europarekord. Fast schon sensationell war der zweite Platz des deutschen Zehnkämpfers Frank Busemann im Weitsprung. Der Leverkusener düpierte mehrere Spezialisten und sorgte aus deutscher Sicht für erfreulichen frischen Wind. Er wurde im Stadion vor 41.000 Zuschauern schon als Sieger gefeiert, nachträglich erkannte man ihm den ersten Platz allerdings zu Gunsten von Ivan Pedroso wieder ab.

Der Erste aus dem Kreis der noch fünf Jackpot-Kandidaten, der seinen Anteil an den fünfzig Kilo Gold buchte, war Hürdensprinter Allen Johnson (USA). Der Weltmeister stellte in 13,04 Sekunden seine Weltjahresbestzeit ein und verwies den kubanischen Olympiasieger Anier Garcia (13,15 sec) auf den zweiten Platz. Dominique Arnold (USA) bestätigte als Dritter in 13,21 Sekunden seine gute Leistung vom Dienstag in Königs Wusterhausen.

Etwas später folgte Hicham El Guerrouj über 2000 Meter dem Beispiel von Johnson. Er verpasste in 4:51,17 Minuten deutlich seinen eigenen Weltrekord, konnte aber auch auf den in Berlin abfahrenden Goldzug aufspringen. Ähnlich erging es der Russin Olga Yegorova über 5000 Meter. Sie verfehlte den Weltrekord der Chinesin Bo Jiang in 14:29,32 Minuten allerdings nur knapp, holte sich jedoch zugleich den Europa-, Landes- und Meetingrekord sowie ihr Scherflein am Jackpot und die Spitze der Weltjahresbestenliste. Die couragiert laufende Britin Paula Radcliffe musste sich wieder einmal der Rivalin aus dem Osten geschlagen geben und konnte sich nur selbst mit einem Landesrekord trösten.

Maria Mutola durchkreuzt erneut die Pläne der Kärntnerin Stephanie Graf

Dagegen durchkreuzte wieder einmal Maria Mutola (MOZ) die Pläne von Stephanie Graf. Diesmal brachte die 800-Meter-Weltmeisterin als Siegerin in 1:59,19 Minuten die Österreicherin, die hinter der clever auftretenden Diane Cummins (CAN) Dritte wurde, um ihren Anteil am Jackpot. Besser machte es bei den Männern der Schweizer Andre Bucher, er ließ sich von seinen Konkurrenten nicht überrumpeln und setzte sich in 1:43,82 Minuten auf dem Weg zum Gold durch. Der deutsche Olympiasieger Nils Schumann (1:44,68 min) wurde Sechster und stellte fest: „Gegen Bucher war ich in diesem Jahr chancenlos.“

Ohne die ganz großen Namen gingen die beiden 100-Meter-Bewerbe über die Bühne. Trotzdem gelang es dem Nigerianer Francis Obikwelu (9,98 sec), unter zehn Sekunden zu bleiben. Bei den Frauen zeigte sich Myriam Leoni Mani aus Kamerun mit ihren 11,13 Sekunden wieder in besserer Verfassung. Auf der Stadionrunde feierte die Magdeburgerin Grit Breuer in 50,78 Sekunden einen ungefährdeten Sieg. „Das war der Schlusspunkt unter eine Saison, die mir mehr gebracht hat, als ich vor einem Jahr hoffen durfte“, sagte die WM-Vierte.

Kathleen Friedrich mischt erneut im Konzert der Golden League munter mit

Über 1500 Meter der Frauen unterstrich Violeta Beclea-Szekely ihre Vormachtstellung über diese Strecke in der Golden League mit ihrem siebten Sieg im siebten und letzten Meeting der Serie. Die rumänische Vize-Weltmeisterin siegte in 4:00,80 Minuten. Die Chemnitzerin Kathleen Friedrich, die ihren Start vor wenigen Tagen in Leverkusen wegen einer vorausgegangenen Erkältung noch abgesagt hatte, wurde wie schon in Zürich wieder Vierte mit einer neuen persönlichen Bestzeit – diesmal steigerte sie sich auf bemerkenswerte 4:04,27 Minuten.

Eine neue deutsche Jahresbestleistung gelang dem jungen Pirnaer Wolfram Müller, der über 3000 Meter in 7:45,41 Minuten nur rund eine Sekunde nach dem siegreichen Kenianer Paul Bitok einlief. „Mit diesem Start im Olympiastadion ist ein Traum in Erfüllung gegangen“, strahlte der U23-Europameister.

Good Bye – Jürgen Schult bestritt letzten Wettkampf im Berliner Olympiastadion

Aus einem mit sechs Athleten überschaubaren Diskusbewerb ging Weltmeister Lars Riedel mit 65,86 Metern als Sieger hervor. „Ich hätte gerne zwei oder drei Meter weiter geworfen“, meinte Riedel. Wie bei der WM in Edmonton wurde Michael Möllenbeck (64,14 m) Dritter, dazwischen konnte sich der Weißrusse Vasiliy Kaptyukh (64,53 m) platzieren. Jürgen Schult, der seinen letzten Wettkampf im Olympiastadion bestritt, landete mit 62,05 Metern auf dem vierten Rang und analysierte nachher: „Ich wollte 62 Meter werfen und es hat geklappt, obwohl mehr drin war. In Berlin habe ich vor 26 Jahren meine erste Medaille gewonnen und hier endet meine internationale Karriere. Danke an das Berliner Publikum.“ Für den Berliner schloss sich damit der Kreis seiner Laufbahn, die er als Bundestrainer fortsetzt. Er stellte sich an seinem letzten Abend mit einem T-Shirt, das die Aufschrift „Ich war Schult“ trug, fast schon ein wenig wehmütig vor.

Im Stabhochsprung der Frauen gab sich die russische Favoritin Svetlana Feofanova keine Blöße und siegte mit 4,56 Metern. Die Stuttgarterin Yvonne Buschbaum schaffte als Dritte hinter der höhengleichen Russin Yelena Isinbayeva den Sprung auf das Treppchen und markierte mit 4,46 Metern nebenbei noch eine neue persönliche Bestleistung. Die Gewinnerin des Showspringens am Potsdamer Platz vom Montag, Pavla Hamackova (CZE), kam hingegen an diesem Abend über 4,16 Meter nicht hinaus.

Zehnkämpfer Frank Busemann Zweiter im Weitsprung

Für den erfrischendsten Auftritt aus deutscher Sicht sorgte im Weitsprung der eigentliche Zehnkämpfer Frank Busemann. Der Leverkusener flog mit 8,04 über acht Meter und verwies die internationalen Spezialisten wie Kevin Dilworth und James Beckford auf die Plätze. Er wurde im Olympiastadion bereits als Sieger gefeiert, aber nachträglich ging der erste Platz auf Weltmeister Ivan Pedroso über, dessen Reklamationen von Erfolg gekrönt waren und dessen letzter Versuch danach mit 8,16 Metern in die Konkurrenz einging. „Es wäre fast schon unverschämt gewesen, wenn ich hier gewonnen hätte“, meinte Busemann nach dem etwas verwirrenden Ende des Weitsprungs zu seinen Ungunsten. Der Berliner Kofi Amoah Prah (7,78 m) und Busemanns Vereinskollege Schahriar Bigdeli (7,75 m) landeten auf den Plätzen sechs und sieben.

Das ISTAF beschloss schließlich die 4×200-Meter-Staffel. Dabei setzte sich das Team „Michael Johnson Relay“ mit dem abtretenden US-Superstar in 1:21,45 Minuten gegen die Mannschaft „Ingo Schultz Relay“ (1:21,85 min) knapp durch. Der deutsche Vize-Weltmeister bestritt dabei mit dem Weltrekordhalter die letzte Runde an dessen Fersen. „Ich habe meinen Traum damit erfüllt und es war für mich ein besonderer Saisonabschluss“, freute sich das Nordlicht über dieses ganz spezielle Rennen an der Seite des größten Läufers über die Stadionrunde der Geschichte. 

In einem Nachwuchsbewerb über 1000 Meter zeigte sich im Vorprogramm Rene Bauschinger vom krisengeschüttelten LAC Quelle Fürth/München in 2:22,80 Minuten von seiner besten Seite.