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Saison 2001

Der internationale Steeple-Rückblick

Die Höhepunkte des WM-Jahres 2001


27.12.01 (fc) Das Leichtathletik-Jahr 2001 ist praktisch schon wenige Tage vor dem eigentlichen Jahreswechsel Geschichte. Beim Saisonhöhepunkt, der Weltmeisterschaft in Edmonton, wurden die meisten Highlights gesetzt. Aber auch drumherum tat sich einiges. Neue Gesichter tauchten auf, alte Bekannte kehrten zurück und insgesamt fielen in den Paradedisziplinen sechs Weltrekorde. Was sich auf der internationalen Bühne in diesem Jahr ereignete, erfahren Sie noch einmal in diesem Rückblick.

Das „Mehrkampf-Mekka“ Götzis wurde Schauplatz einer historischen Marke. Der tschechische Zehnkämpfer Roman Sebrle durchbrach als erster Athlet mit 9026 Punkte die 9000er Marke, an der sich vor ihm große Namen wie sein Landsmann Tomas Dvorak oder der US-Amerikaner Dan O’Brien stets vergeblich versucht hatten. Vielleicht war auch das der Grund dafür, dass die Freundschaft Sebrle/Dvorak einige schmerzliche Kratzer abbekam und beide nun getrennt voneinander trainieren.

Aber auch der zweite Weltrekord bei den Männern hatte es wirklich in sich. Seit 1978 hielten die Kenianer die Bestmarke über 3000 Meter Hindernis und verbesserten diese deutlich unter acht Minuten verbessert. Plötzlich stahl ihnen in diesem Jahr in Brüssel ein Marokkaner die Show. Brahim Boulami, bei der WM noch angeschlagen nur hinterher gelaufen, brachte eine Zeit von 7:55,28 Minuten auf die Anzeigetafel und damit eine ganze Ära zum Einsturz. Ob die Kenianer diese Blöße wieder ausmerzen können, ist eine der spannenden Fragen, mit denen die internationale Leichtathletik in das Jahr 2002 geht.

Wer ist Joshua Johnson aus den USA?

Wer ist Joshua Johnson? Vielleicht grübeln noch heute manche darüber. Der US-Sprinter setzte nämlich in Brüssel neben Boulami den zweiten Höhepunkt des Golden-League-Meetings. Er legte die 200 Meter in erstaunlichen 19,88 Sekunden zurück. Der 25jährige, der mit einem Hausrekord von 20,60 Sekunden in den Sommer gegangen war, erlebte damit eine Sternstunde, die ihn zum Weltjahresbesten machte. Seinen Start zwei Tage später in Leverkusen sagte er sogleich ab, weil er noch zu müde war. Ein weiterer, aber weitaus beständigerer Aufsteiger war Hürdenläufer Felix Sanchez (DOM). Er krönte eine ausgezeichnete Saison verdient mit WM-Gold und katapultierte sich vom neunten Platz des Vorjahres an die Spitze der Weltjahresbestenliste.

Auf den Mittelstrecken war es neben dem Marokkaner Hicham El Guerrouj, der sich mit ausgezeichneten Leistungen für den Titel des Athleten des Jahres empfahl, vor allem der Schweizer Andre Bucher, der den Ton angab. Mit seinem couragierten Goldrennen im Commonwealth Stadium wurde er zu einem neuen Sportheld der Eidgenossen. Bereits jetzt kündigen sich auch für das nächste Jahr wieder spannende Duelle mit dem Schnellsten des Jahres, Yuri Borzakovsky (RUS), dem deutschen Olympiasieger Nils Schumann und der Rückkehr von Weltrekordler Wilson Kipketer (DAN) an.

In den technischen Disziplinen gelang zwei Deutschen in Edmonton der Griff nach der Goldmedaille. Martin Buß im Hochsprung und Lars Riedel im Diskuswerfen trotzten der starken Konkurrenz. Der australische Stabhochspringer Dmitri Markov holte sich dort mit herausragenden 6,05 Metern den Sieg und ging damit als strahlender Dominator aus dem Wettkampf der Stabakrobaten hervor. Während im Speerwurflager der Tscheche Jan Zelezny einmal mehr dem Jahr seinen Stempel aufdrückte, avancierte der polnische Olympiasieger Szymon Ziolkowski auch bei der WM zum Goldwerfer, musste in der Bestenliste allerdings seinem japanischen Rivalen Koji Murofushi den Vortritt lassen.

Die bitteren Augenblicke in Edmonton von Jones, Radcliffe und Graf

Unfreiwillig den Vortritt lassen – das galt unisono für die US-Sprinterin Marion Jones, die von der Ukrainerin Zhanna Pintusevich-Block bei der WM auf den 100 Metern entzaubert wurde. Nach 10,82 Sekunden brach die Osteuropäerin in Tränen aus, während die schwarzen Sprintqueen gestand: „Ich wusste nicht, was ich richtig, was ich falsch gemacht hatte.“ Sie konnte sich aber nur wenig später mit dem WM-Sieg über 200 Meter trösten und ihr angekratztes Image mit diesem souveränen Auftreten wieder aufpolieren.

Eine bittere WM-Pille musste wie schon in der Hallensaison die österreichische Vorzeigeathletin Stephanie Graf schlucken. Sie fand erneut in Olympiasiegerin Maria Mutola ihre Meisterin und wurde für ihr mutiges Rennen nicht belohnt. Nach einem erbitterten Kampf blieb ihr „nur“ der zweite Platz. Für reichlich Diskussionsstoff sorgte in Kanada der Start der Russin Olga Yegorova, der zuvor in Paris bei einer nach den Regularien allerdings unzureichenden Dopingkontrolle EPO nachgewiesen wurde. Ihr Sieg über 5000 Meter fand bei den kanadischen Zuschauern nur wenig Beifall. Beim ISTAF in Berlin bestach sie danach mit einem Europarekord von 14:29,32 Minuten. In ihrer Heimat Russland kümmerte es die Sportfans wenig, dass Yegorova andernorts mit skeptischen Blicken beäugt wurde. Dort feierte man sie frenetisch!

Die Britin Paula Radcliffe war eine jener Athletinnen, die sich vehement gegen den Start von Yegorova ausgesprochen hatte. Auf der Bahn von Edmonton blieb ihr über 10.000 Meter wie bei den Olympischen Spielen in Sydney nur der vierte Platz. Ein von Derartu Tulu angeführtes äthiopischen Trio hatte sie niedergerungen. Die Britin entschädigte sich aber im gesamten Jahr für diese Niederlage mit vielen tollen Leistungen. Unter anderem gewann sie in Bristol die Halbmarathon-WM.

Für Höchstleistungen sorgten nach dem Ende der Bahnsaison die Marathonläuferinnen. Dachte man schon nach dem Husarenstück von Olympiasiegerin Naoko Takahashi (JPN), die in Berlin als erste Frau in 2:19:46 Stunden unter 2:20 gelaufen war, an eine historische Bestmarke, pulverisierte diese nur eine Woche später in Chicago die Kenianerin Catherine Ndereba in unglaublichen 2:18:47 Stunden erneut.

Stacy Dragila – die Zauberin mit dem Stab

Die Russin Svetlana Feofanova steigerte im Stabhochsprung in diesem Jahr ihre Bestmarke um 25 Zentimeter auf den Europarekord von 4,75 Meter. Aber all das war noch viel zu wenig, um der US-Amerikanerin Stacy Dragila beizukommen. Die Athletin aus Pocatello schloss im Freien an ihre Höhenflüge von der Hallensaison an, schraubte den Weltrekord letzten Endes auf 4,81 Meter und irgendwie wird man bei der Olympiasiegerin, die sich in Edmonton in einem spannenden Duell mit der rothaarigen Russin ihr zweites WM-Gold abholte, das Gefühl nicht los, dass da noch weit mehr möglich ist.

Der 1. Juli sollte für die Kubanerin Osleidys Menendez ein bedeutender Tag werden. Im griechischen Rethymno jagte sie ihren Speer auf 71,54 Meter hinaus. Weltrekord! Bei der Weltmeisterschaft verfehlte sie die 70 Meter zwar knapp, unterstrich aber mit einem deutlichen Vorsprung auf ihre Kolleginnen, dass sie in diesem Jahr in die Fußstapfen der Norwegerin Trine Hattestad getreten war.

Die weiteren technischen Disziplinen gehörten weitestgehend den osteuropäischen, und hier vor allem den russischen Athletinnen. Weitspringerin Tatjana Kotova (7,12 m) und Dreispringerin Tatjana Lebedeva (15,25 m) ließen dabei mit tollen Weiten aufhorchen.

Justyna Bak „emanzipiert“ die 3000 Meter Hindernis

Der sechste Weltrekord des Jahres 2001 ging in der „Aufbaudisziplin“ der Frauen, den 3000 Meter Hindernis, auf das Konto der Polin Justyna Bak. Sie hatte in Nizza das Ambiente eines Grand-Prix-Meetings genutzt, um mit einer Zeit von 9:25,31 Minuten etwas für die Emanzipation der Steeplerinnen zu tun.

Mit Yelena Prokhorova schickt sich im Siebenkampf eine junge Russin an, den etablierten Größen wie Denise Lewis und Eunice Barber Konkurrenz zu machen. Dabei verschenkte die Französin ihre Titelverteidigung in Edmonton mit drei Fehlversuchen im Kugelstoßen leichtfertig und so ging Gold an Prokhorova, deren 6694 Punkte allerdings durchaus einiges für die Zukunft erwarten lassen.

DLV-Athleten sucht man an der Spitze der Weltjahresbestenlisten des Jahres 2001 vergeblich. Trotzdem kehrte die Nationalmannschaft von den Titelkämpfen in Kanada mit sieben Medaillen zurück und erreichte damit das von den Verantwortlichen ausgegebene Ziel. Was sich auf nationaler Ebene alles im Jahr 2001 abspielte, erfahren Sie in Kürze in einem weiteren Steeple-Rückblick.

Bilder von der Weltmeisterschaft in Edmonton (Teil 1)

Die Weltjahresbesten 2001:

Männer
100m Maurice Greene USA 9,82 sec
200m Joshua Johnson USA 19,88 sec
400m Tyree Washington USA 44,28 sec
800m Yuri Borzakovsky RUS 1:42,47 min
1500m Hicham El Guerrouj MAR 3:26,12 min
5000m Richard Limo KEN 12:56,72 min
10000m Abraham Chebii KEN 27:04,20 min
Marathon Josephat Kiprono KEN 2:06:50 h
110m H Allen Johnson USA 13,04 sec
400m H Felix Sanchez DOM 47,38 sec
3000m H Brahim Boulami MAR 7:55,28 min (WR)
Hoch Vjacheslav Voronin RUS 2,37 m
Stab Dmitri Markov AUS 6,05 m
Weit James Beckford JAM 8,41 m
Drei Jonathan Edwards GBR 17,92 m
Kugel Janus Robberts RSA 21,97 m
Diskus Virgilius Alekna LIT 70,99 m
Hammer Koji Murofushi JPN 83,47 m
Speer Jan Zelezny CZE 92,80 m
Zehnkampf Roman Sebrle CZE 9026 Punkte (WR)
Frauen
100m Zhanna Pintusevich-Block UKR 10,82 sec
200m Marion Jones USA 22,23 sec
400m Katherine Merry GBR 49,59 sec
800m Maria Mutola MOZ 1:56,85 min
1500m Violeta Beclea-Szekely ROM 3:59,35 min
3000m Olga Yegorova RUS 8:23,26 min
5000m Olga Yegorova RUS 14:29,32 min
10000m Paula Radcliffe GBR 30:55,80 min
Marathon Catherine Ndereba KEN 2:18:47 h (WR)
100m H Anjanette Kirkland USA 12,42 sec
400m H Nezha Bidouane MAR 53,34 sec
3000m H Justyna Bak POL 9:25:31 min (WR)
Hoch Venelina Veneva BUL 2,04 m
Stab Stacy Dragila USA 4,81 m (WR)
Weit Tatjana Kotova RUS 7,12 m
Drei Tatjana Lebedeva RUS 15,25 m
Kugel Larissa Peleshenko RUS 20,79 m
Diskus Natalja Sadova RUS 68,57 m
Hammer Olga Kusenkova RUS 73,62 m
Speer Osleidys Menendez CUB 71,54 m (WR)
Siebenkampf Eunice Barber FRA 6736 Punkte

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