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Hallensaison 2002

Graf trainierte am Strand

Österreichs Hoffnungsträgerin überlässt nichts dem Zufall

24.01.02 (pm) An der Südspitze von Gran Canaria hat Stephanie Graf ihr Trainingsdomizil vor der Hallen-Saison aufgeschlagen. Von der Terrasse ihres Zimmers im Riu Palace blickt sie über die weiten Dünen hinüber zum Leuchtturm von Maspalomas, von dort zieht sich der herrliche Sandstrand über etwa sechs Kilometer hinüber bis zum Badezentrum von Playa del Ingles. An diesem Strand absolviert die Vize-Weltmeisterin gemeinsam mit ihrer Mutter Rita die Dauerläufe. Rechts neben sich hat sie dann das in diesen Tagen vom heftigen Wind oft aufgewühlte Meer, links ragen die zum Teil meterhohen Dünen steil hinauf. Für die Schönheiten dieses gerade bei Briten und Deutschen so beliebten Badeparadieses hat Steffi Graf natürlich keinen Blick. Auch keinen Blick für die Palmen, unter denen sie anderes Mal läuft. Ihr Blick ist nur auf die kommende Hallen-Saison gerichtet. „Seit Weihnachten denke ich 24 Stunden daran“, wie sie in einer kleinen Journalistenrunde erzählt. Ihre Gedanken kreisen da vor allem um zwei Ziele. Um die Verbesserung des Hallen-Weltrekordes von Christine Wachtel (1:56,40) und die erfolgreiche Titelverteidigung über 800 Meter bei der Heim-EM in Wien vom 1. bis 3. März.

Kicker vom Graf-Training beeindruckt

Dafür schindet sie sich Tag für Tag. Wie bei den brutalen Tempoläufen im Stadion von San Fernando. Den Umfang und die Intensität habe sie im Vergleich zum Vorjahr noch weiter gesteigert. Statt acht bis zehn Intervall-Einheiten über etwa 8 x 500 Meter oder 8 x 400 Meter rennt sie nun dieses Programm gleich 16 bis 20 Mal. Immer wieder ein wenig mehr. „Daran musste sich mein Körper erst einmal gewöhnen.“ So sei es passiert, dass sie erstmals seit sechs Jahren ein Programm wieder nicht geschafft habe. Kein Wunder, dass die laufende Gräfin abends vollkommen geschafft ist. „Ich bin vom Training so fertig, dass ich daneben nichts machen kann, ich bin zu müde zum Lesen, sogar zum Fernsehen.“ Nur Ausruhen, Kraft tanken für die nächste Trainingseinheiten. Die Lauf-Arbeit im Stadion beeindruckt auch die Kicker. „Den Fußballern ist das Lad´l runtergefallen, als sie gesehen haben, was Stephanie trainiert“, berichtet Rita Mutter, die bekanntlich immer noch in phantastischer Verfassung ist und ihre Tochter bei den Tempoläufen antreibt.

Die Anlage von San Fernando ist seit Jahren (Graf ist hier auch schon Dauergast) ein beliebtes Domizil für Leichtathleten. Parallel zu Steffi trainieren dort etwa ihre Konkurrentinnen Ludmilla Formanova, die 1999 die Weltmeisterschaften in der Halle und im Freien gewonnen hatte, oder Helena Fuchsova, beide aus Tschechien. Formanova bereitet sich auf ihr Comeback in dieser Hallen-Saison vor. Ihren letzten Start hatte sie bei den Spielen in Sydney absolviert. Eine Fußverletzung und Leistenbeschwerden warfen sie danach aus der Bahn. Jetzt will sie auf ihre Erfolgsspur zurückkehren. Was nicht so leicht scheint. „Sie schaut noch relativ unfit aus“, sagt Graf, relativiert aber sofort: „Das muss nicht bedeuten, dass sie nicht zur Hallen-Saison gut hinkommt.“ Ehe sie vor drei Jahren Weltmeisterin in Maebashi geworden sei, habe sie zu diesem Trainingszeitpunkt auch nicht viel anders ausgeschaut. Die Tschechin selbst aber gibt sich noch recht bescheiden. Sie wolle in der Hallen-Saison „nur unter zwei Minuten“ laufen. Auch ihre Trainerin Jarmila Kratochvilova, seit Juli 1983 in 1:53,28 Minuten Freiluft-Weltrekordlerin über 800 Meter, erwarte unter dem Hallendach noch keine Wunderdinge von ihrem Schützling. Die Hochform solle erst bei der EM in München wieder da sein.

Weltrekord von Wachtel in Birmingham in Gefahr?

Wunderdinge traut aber die Konkurrenz Stephanie Graf schon in den kommenden Wochen zu. Auch Formanova hält für möglich, dass die Österreicherin heuer den Hallen-Weltrekord von Christine Wachtel brechen könne. Die frühere DDR-Athleten war ja in Wien 1988 ihre 1:56,40 gelaufen. „Schon 2001 hätte ich den Hallen-Weltrekord drauf gehabt, und vom Training bin ich heuer noch weiter als damals“, weiß Graf, die keinen Hehl daraus macht, die Bestmarke beim Meeting in Birmingham am 17. Februar angreifen zu wollen. Aber die Kärntnerin warnt, dass auch Maria Mutola heuer sicher gezielt den Weltrekord angehe. „Sie hat ja kein anderes großes Ziel, da es heuer für sie keine große Meisterschaft gibt.“ 

Und nur 14 Tage nach dem Meeting in Birmingham folgt die Heim-EM in Wien. „Der positive Effekt ist, dass die Leute hinter mir stehen.“ Negativ könne aber belasten, dass die Erwartungshaltung extrem hoch sei und es schwer sei, sich ganz zu konzentrieren. Aber auch in Gent 2000 sei, da sie die klare Favoritin war, erstmals der Druck von außen schon hoch gewesen. „Da habe ich die Situation gut gemeistert und das Rennen am Ende genossen.“ So soll es heuer auch letztendlich wieder in Wien sein.

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