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Zwangspause

Trainingsstopp für Rüdiger Stenzel

Beim Sturz im 1500-Meter-Finale Achillessehne angerissen

19.02.02 (uh) Rüdiger Stenzel trägt Gips. „Ein schönes Andenken an den Endlauf in Sindelfingen“, meinte er mit ironischem Unterton, „die Achillessehne ist angerissen und das Gleitgewebe drum herum komplett durch.“ Die jungen Wilden haben ihn, den „Altmeister“, im Endlauf über 1500 Meter aus der Erfolgsspur gebracht. 

„Gleich zwei Mal“, erinnerte sich Stenzel, „schon nach 300 Metern bekam ich den ersten Schlag auf die Sehne.“ Das tat bereits höllisch weh. „Und 120 Meter vorm Ziel ist mir wieder einer in die Ferse getreten.“ Randale im Finale. „Da war Feierabend. Denn ich bin gleich umgefallen wie ein Sack Zement“, ärgerte sich Stenzel, der zu diesem Zeitpunkt in Führung lag, „ich dachte zunächst nur an einen Muskelriss in der Wade. Doch nach einer halben Stunde, als das Adrenalin aus dem Blut raus war, konnte ich meinen linken Fuß kaum noch aufsetzen.“ Da schwante ihm Böses.

Am Tag danach kam die Gewissheit! Der Wattenscheider Vereinsarzt, Dr. Andreas Falarzik, untersuchte die lädierte Achillessehne, die ohnehin leicht gereizt war, per Ultraschall und schickte ihn anschließend noch zur Kernspintomographie, um jedes Risiko auszuschließen. „Die Sehne ist zu einem Drittel gerissen“, gab Stenzel die Diagnose wider, „glücklicherweise ist sie nicht ganz durch.“ Dann, hatte ihm der „Doc“ eröffnet, wäre er wohl ein knappes halbes Jahr ausgefallen. „So aber sprach er von zehn Wochen Pause“, fügte Stenzel hinzu, „ich gehe optimistisch von nur zwei Monaten aus. Vielleicht klappt’s noch schneller. Das liegt auch am Heilfleisch.“

Verkettung unglücklicher Umstände

Das linke Bein wurde für eine Woche in Gips gelegt. „Danach bekomme ich einen Spezialstiefel, so dass ich zumindest gehen kann.“ Tono Kirschbaum, der Trainer vom TV Wattenscheid 01, kann’s nicht fassen. „Eine böse Geschichte“, sagte er, „ich hatte schon befürchtet, dass es so kommen würde.“ Rüdiger Stenzel, der Patient, will nicht nachkarten. Vorwürfe an seine Konkurrenten, die in der Hitze des Gefechts etwas ungestüm zu Werke gegangen waren, sind ihm nicht zu entlocken. „Es war eine Verkettung unglücklicher Umstände“, beschrieb er den Zwischenfall, der seine Saisonplanung komplett über den Haufen geworfen hat, „das Dumme ist nur, dass bei dieser Verletzung kaum ein vernünftiges Alternativtraining möglich ist.“

An die Europameisterschaft im Sommer verschwendet er momentan keinerlei Gedanken. „Erst mal gesund werden“, betonte Stenzel, dessen Karriere 1986 mit dem 800-Meter-Sieg bei den Deutschen Jugend-Hallenmeisterschaften in Stuttgart ihren ersten Höhepunkt erlebte, „dann sehen wir weiter.“ Nach dem Knochenmarködem im Sprunggelenk, das ihn in der Olympia-Saison 2000 lahm gelegt hatte, war Stenzel erst langsam in Schwung gekommen. „Jetzt, wo er gerade wieder gut drauf war, passiert so was“, fühlte Tono Kirschbaum mit seinem Schützling, „es ist nicht zu fassen.“ Doch Stenzel lässt den Kopf nicht hängen und denkt positiv: „Ich habe schon so viele Verletzungen hinter mir“, blickte er zurück auf die Vergangenheit, „das wirft mich nicht um.“

Mit knapp 34 Jahren rennt ihm allerdings die Zeit davon. Rüdiger Stenzel weiß, dass er auf die Zielgerade seiner Laufbahn eingebogen ist. Viel erreicht hat er und viele Titel gewonnen. Vize-Hallen-Weltmeister war er, Europacup-Sieger und mehrmals Deutscher Meister. Alles über 1500 Meter, seine Spezialstrecke. Im Freien ist er die Nr. 5 (3:33,60 Minuten in Köln 1997) in der ewigen DLV-Bestenliste, in der Halle sogar die Nr. 1 (3:36,09 Minuten in Stuttgart 1998). „Rüdiger kommt wieder“, schlug Kirschbaum optimistische Töne an, „das ist sicher.“ Und keiner kennt ihn so gut wie er.

Ulrich Hörnemann

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