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Olympische Sommerspiele in Sydney

Freeman erfüllt große Erwartungen

4. Tag (Abend) – Silber für Lars Riedel – Gebreselassie besiegt Tergat

25.09.00 (fc) Neun Entscheidungen standen am Montag in Sydney auf dem Programm. Eine entsprechend kurzweilige Unterhaltung bekamen die 110.000 Zuschauer, die vor allem auf den Auftritt von Cathy Freeman warteten, geboten. Der Aborigine war es so auch vorbehalten, mit ihrem hart erkämpften 400-Meter-Sieg für den Höhepunkt zu sorgen. Ein Olympiasieg, vor dem auch Michael Johnson, der das Männer-Rennen für sich entschied, den Hut zog. Lars Riedel brachte mit dem zweiten Platz im Diskuswerfen hinter dem Litauer Alekna die erste Medaille für den DLV unter Dach und Fach. Für Aufsehen sorgte zum Abschluss des Tages im 800-Meter-Halbfinale Nils Schumann als Sieger in der persönlichen Bestzeit von 1:44:22 Minuten.

Im Diskuswerfen verpasste Michael Möllenbeck (D) mit 63,14 Metern den Endkampf der besten Acht, in den sich Jürgen Schult mit 63,34 Metern gerade noch so rettete. Der Südafrikaner Frantz Kruger hatte nach der ersten Runde die Führung übernommen, Lars Riedel rangierte nach zwei Würfen nur auf dem vierten Platz hinter dem US-Amerikaner Adam Setliff. Der Chemnitzer jagte seinen Diskus im dritten Versuch auf 68,50 Meter und übernahm die erste Position. Mit 68,73 Metern konterte Virgilius Alekna. Es entwickelte sich ein packender Dreikampf zwischen Riedel, Alekna und Kruger um Gold. Am Ende gab es Silber für Lars Riedel (68,50 m). Der Litauer Virgilius Alekna bestätigte die Saisonleistungen mit einer Weite von 69,30 Metern und war ein würdiger Olympiasieger. Bronze ging an den Südafrikaner Frantz Kruger. Lars Riedel war nach dem Wettkampf zufrieden: „Ich habe mein Ziel erreicht und nehme eine Medaille mit nach Hause.“ Oldie Jürgen Schult (64,41 m) lag ebenso im Soll: „Ich wollte ins Finale.“

Charles Friedek ohne gültigen Versuch – Edwards siegt mit Weltjahresbestleistung
Im Dreisprung übernahm der Brite Larry Achike mit guten 17,29 Metern die Führung. Nach zwei Durchgängen lag der Russe Denis Kapustin plötzlich mit 17,46 Metern vorne. Das konnte sich Jonathan Edwards (GBR) nicht bieten lassen. Mit 17,71 Metern schockte er die Konkurrenten im dritten Sprung. Hingegen verpasste Charles Friedek (D) mit drei ungültigen Sprüngen den Endkampf. Es gab nur noch eine Verschiebung in den letzen drei Durchgängen an der Spitze. Jonathan Edwards gewann Gold, Denis Kapustin (17,46 m) war glücklicher Bronze-Medaillengewinner. Der Kubaner Yoel Garcia hatte ihn noch um einen Zentimeter übertroffen. Charles Friedek hatte nach seiner Trainingsverletzung alles versucht, musste aber nach der ganzen psychischen Belastung erkennen: „Ich war einfach nicht mehr der Alte. Ich habe ziemlich unsicher agiert.“ Trotzdem beeindruckte der Leverkusener angesichts der Umstände, die ihn im September begleiteten, mit seinem Kampfgeist.

Cathy Freeman musste alles geben für den Olympiasieg
Die Zuschauer hielten den Atem an, als Cathy Freeman in ihrem Ganzkörperanzug auf der sechsten Bahn stand, um auf die Stadionrunde zu gehen. Die Australierin musste kämpfen. Lorraine Graham (JAM) und Katherine Merry (GBR) gingen vor ihr auf die Zielgerade. Aber Freeman konnte die Konkurrentinnen noch überflügeln und die von ihren Fans erwartete Goldmedaille in 49,11 Sekunden nach Hause laufen. Fassungslos und konsterniert saß Freeman danach auf dem Boden des Olympiastadions. Der ganze Druck fiel von ihr ab, aber kein emotionaler Jubel war zu sehen. Dafür stand das Publikum Kopf. Erst Minuten später zauberte sich ein Lächeln auf Freemans Lippen, die mit der Flagge der Aborigines auf die Ehrenrunde ging. „Es war so überwältigend. Ich bin froh und glücklich, dass es vorbei ist“, strahlte Freeman nachher erleichtert. 
Michael Johnson (USA) spulte im Finale der Männer sein Rennen ab. Auf den letzten 100 Metern löste er sich von Greg Haughton (JAM), seinem letzten Verfolger. Mit einer Schlussattacke sicherte sich Alvin Harrison (USA) noch Silber vor Haughton. Zweifel am Olympiasieg hatte es angesichts der souveränen Ausscheidungsrennen, in denen der Weltrekordhalter mit seinen Konkurrenten nur so spielte, nie gegeben. 

Szabo besiegt O’Sullivan – Mikitenko gute Fünfte
Über 5000 Meter der Frauen hielt sich Irina Mikitenko (D) wacker in der sieben Läuferinnen umfassenden Spitzengruppe. Eingangs der letzten Runde attackierte sie sogar und verschärfte neben der führenden Gabriela Szabo (RUM) das Tempo. Auf den letzten 200 Metern konnte sie aber nicht mehr dagegen halten. Vorne kämpften Szabo und Sonia O’Sullivan (IRL) um den Triumph. Die Rumänin hielt dagegen und holte sich in 14:40,79 Minuten ihren ersten Olympiasieg. Mikitenko verpasste als Fünfte in 14:43,59 Minuten knapp den deutschen Rekord, zog sich aber mehr als achtbar aus der Affäre.

Maria Mutola schreibt Leichtathletik-Geschichte
Ein Duell zwischen Maria Mutola und Stephanie Graf war über 800 Meter erwartet worden. Aber der Rennverlauf war anders. Vorne legte Helena Fuchsova (CZE) eine sehr schnelle erste Runde vor. Mutola und Graf hielten sich zurück. Auf der Gegengerade versuchte Kelly Holmes (GBR) sich abzusetzen. Dann kam der Angriff von Mutola, gefolgt von der Österreicherin. Mutola übernahm die Spitze und Graf verwies die Britin auf den dritten Platz in einem von Taktik geprägten Rennen. Maria Mutola ist damit die erste Olympiasiegerin aus Mozambique! Die Siegerzeit war mit 1:56,15 Minuten hervorragend.

Packendes 10.000-Meter-Duell gewinnt wieder Haile Gebreselassie
Über 10.000 Meter entschied sich das Rennen auf der letzten Runde. 300 Meter vor dem Ende attackierte Paul Tergat aus der aus fünf Läufern bestehenden Führungsgruppe. Würde es diesmal reichen für den Kenianer? Es sah auf der Zielgerade zunächst danach aus, aber dann schob sich Gebreselassie Zentimeter um Zentimeter an ihn heran und auf den allerletzten Metern zog er mit offenen Augen und schmerzverzerrtem Gesicht noch an ihm vorbei. Als Dritter kam wie schon in Sevilla bei der letzten WM wieder Assefa Mezegebu ins Ziel. Damit war das Ergebnis identisch mit dem Vorjahr.

Schwarthoff Sechster – Anier Garcia besiegt US-Amerikaner
Für die Hürdensprinter ging es am frühen Abend um den unmittelbaren Finaleinzug. Im ersten Halbfinale traf Falk Balzer (D) auf Mark Crear (USA) und Anier Garcia (CUB). Der Jenaer kam aber, nachdem er den zweiten Fehlstart versucht hatte, schlecht vom Start weg und konnte in den Kampf um die ersten vier Plätze nicht eingreifen. 13,59 Sekunden reichten lediglich zum sechsten Rang. Vorne gaben Garcia (13,16 sec) und Crear (13,23 sec) den Ton an. Balzer lief aufgrund seines Bruchs am Ellenbogen unter Schmerzen, nachdem die Spritzen im Gegensatz zum Vortag diesmal ihre Wirkung verfehlten. Florian Schwarthoff (13,39 sec) erreichte als Vierter des zweiten Halbfinales, das Terrence Trammell (13,32 sec) gewann, den Endlauf, für den er ankündigte: „Ich werde die letzte Hundertstel rausholen.“
13,42 Sekunden brachte der Deutsche Meister („Es wäre mehr drin gewesen“) dort auf die Bahn. Platz sechs. Vorne setzte sich der Kubaner Anier Garcia ab, der in 13,00 Sekunden Landesrekord lief. Allen Johnson glitt auf den letzten Metern eine Medaille durch die Finger, als er von seinen Landsmännern Terrance Trammell und Mark Crear noch überflügelt wurde. Auf den fünften Rang kam Colin Jackson der wieder einmal bei Olympia zu den Verlierern gehörte.

Nicht mehr als ein besseres Training war für Gail Devers der Zwischenlauf über 100 Meter Hürden, den sie in 12,77 Sekunden gewann. Bei insgesamt nur drei Zwischenläufen wurden nur wenige Läuferinnen eliminiert. Die schnellste Zeit lieferte die Kasachin Olga Shishigina in 12,66 Sekunden ab, die damit zu den heißen Medaillenanwärterinnen zu zählen ist. Yulia Graudyn (RUS) und Katie Anderson (CAN) schieden verletzt aus.

Deutsche Hürdenriege verpasst Finaleinzug
Die zwei deutschen Hürdenläuferinnen traten im selben Halbfinale an. Ulrike Urbansky (55,23 sec) kämpfte auf der Zielgerade und kam als Vierte ins Ziel. Meissner wurde Fünfte (55,73 sec). Vorne distanzierte Deon Hemmings (JAM) in 54,00 Sekunden die Konkurrenz um Meter. Im zweiten Lauf legte Irina Privalova ein schnelles Tempo vor und gewann in 54,03 Sekunden. Die beiden deutschen Läuferinnen hofften vergeblich, über die Zeit das Finale zu erreichen. Meissner: „Es war ein schlechter Lauf. Der Rhythmus stimmte gar nicht.“ Auch Ulrike Urbansky war sichtlich enttäuscht: „Ich dachte, ich hätte eine Chance. Ich habe sie nicht genutzt.“ Neben den Deutschen schieden auch die beiden US-Girls Sandra Glover und Kim Batten aus.
Thomas Goller wollte es besser machen. Couragiert lief er bereits auf der Gegengerade zu Weltmeister Fabrizio Mori (ITA) auf. Auf der Zielgerade hatte er jedoch nicht mehr die Kraft, um noch dagegenzusetzen, legte die beiden letzten Hürden um und wurde Sechster mit einer Zeit 49,28 Sekunden. Sein Fazit: „Das ist nicht das, was ich wollte. Es ist schade.“ Hadi Souan Somyali (KSA) aus dem Stall von John Smith hatte in 48,14 Sekunden die schnellste Zeit der drei Halbfinals aufgestellt.

Schumann glänzt im Halbfinale mit Bestzeit – Borzakovsky lässt staunen
Nils Schumann strafte alle Skeptiker Lügen, die ihn von vornherein angesichts der harten Konkurrenz um den Weltjahresbesten Andre Bucher (SUI) und Vize-Weltmeister Hezekiel Sepeng (RSA) im 800-Meter-Halbfinale abgeschrieben hatten. Der Europameister positionierte sich hinter den beiden Favoriten und mit seinem unwiderstehlichen Finish zog er als Sieger in 1:44,22 Minuten in das Finale ein. „Das war ein schönes Rennen“, freute er sich anschließend. Mit dieser Leistung kann er auch im Endlauf eine Rolle spielen. Man darf gespannt sein, ob ihm wieder eine Überraschung gelingt wie vor zwei Jahren in Budapest. Hezekiel Sepeng erreichte übrigens nur als Vierter das Ziel. Im zweiten Halbfinale machte der Hallen-Europameister Yuri Borzakovsky (RUS) die Beobachter sprachlos. Lag er nach der ersten Runde noch fern der Spitze an letzter Position, holte er speziell auf den letzten 200 Metern in unglaublicher Manier auf und zog schließlich zusammen mit Djabir Said-Guerni (ALG) in 1:44,20 Minuten in das Finale ein. Es gab noch einen dritten Halbfinallauf. Dort suchte Wilson Kipketer (DEN) routiniert die beste Position. Auf der Zielgerade flog er erwartungsgemäß noch an den beiden Läufern vor ihm vorbei und reihte sich in 1:44,23 Minuten in den Zeiten der anderen Läufe ein. Zweiter wurde der Italiener Andrea Longo. Alles scheint offen zu sein im Finale am Mittwoch. 

Stacy Dragila wird Favoritenrolle gerecht – Deutsche auf Rängen fünf und sechs
Im Stabhochsprung ruhten die Hoffnungen der „Aussies“ auf der WM-Dritten Tatiana Grigorieva, nachdem Emma George das Finale nicht erreichte und nur unter den Zuschauern weilte. 4,15 Meter nahm sie im zweiten Versuch. Nicole Humbert (D) hatte bei dieser Höhe auch Schwierigkeiten, riss zweimal und durfte erst beim dritten Anlauf jubeln. Bei 4,25 Metern machte sie es wieder genauso spannend. Yvonne Buschbaum meisterte die Höhe im zweiten Versuch. Hingegen verabschiedete sich Vize-Weltmeisterin Anzhela Balakhonova bereits bei dieser Höhe, während Weltrekordhalterin Stacy Dragila auch 4,35 Meter im ersten Sprung souverän bewältigte. Yvonne Buschbaum folgte selbstbewusst dem Beispiel der US-Amerikanerin, während sich Nicole Humbert erneut erst im dritten Versuch anschickte, die Latte zu überqueren. Frech sprang die Polin Monika Pyrek im zweiten Anlauf über 4,40 Meter. Yvonne Buschbaum ließ sich das nicht zweimal sagen und folgte ihr. Nach dem Schönheitsfehler zu Beginn lieferte Grigorieva unter dem Jubel des Publikums bis 4,45 Meter eine glänzende Vorstellung ab. Auch die Isländerin Vala Flosadottir mischte munter mit und überquerte ebenfalls diese Höhe. Für Yvonne Buschbaum war dort jedoch Endstation. Nicole Humbert kam drüber (natürlich wieder im dritten Versuch) und musste schließlich pokern. Sie ließ 4,50 Meter aus und scheiterte dreimal an 4,55 Metern. Bei dieser Höhe übernahm Grigorieva die Führung, nachdem Bartova und Dragila im ersten Versuch scheiterten. Für die beiden deutschen Springerinnen blieben am Ende die Plätze fünf und sechs. Daniela Bartova (CZE) wurde Vierte. Vala Flosadottir holte sich mit Landesrekord (4,50 m) die Bronzemedaille, womit feststand, dass Grigorieva die Weltmeisterin Dragila im Kampf um Gold herausfordern würde. Das US-Girl übersprang 4,60 Meter und das reichte zum ersten Olympiasieg im Frauen-Stabhochsprung! „Tatiana hatte es mir schon schwer gemacht“, analysierte die sympathische Athletin nachher.

Ruhetag
Am morgigen Dienstag legen die Leichtathleten eine Wettkampfpause ein. Am Mittwoch geht es mit fünf Entscheidungen weiter. Dann ruhen die deutschen Hoffnungen auf Franka Dietzsch, Ilke Wyludda und Nils Schumann. Außerdem beginnt der Zehnkampf mit Frank Busemann. Das Leichtathletik-Online-Magazin hält sie auf dem laufenden.

Bericht zu den Vormittagswettkämpfen des 4. Tages

– Die kompletten Resultate finden Sie in unserer Ergebnisrubrik –

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