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Chemnitz-Interview mit Karsten Kobs

„Aufgeben ist nicht meine Philosophie“

Hammerwurf-Weltmeister ist nicht zufrieden mit bisheriger Saison

23.07.2000 (fc) Das Ticket nach Sydney hat Karsten Kobs längst in der Tasche. Die Deutschen Meisterschaften stehen vor der Tür. In Chemnitz musste er sich zusammen mit seinem Vereinskollegen Heinz Weis dem Polen Szymon Ziolkowski, der als einziger im Wettkampf die achtzig Meter übertraf, geschlagen geben. Das war dem deutschen Weltmeister, der mit dem Wetter in den letzten Wochen hadert, eindeutig zu wenig. Woran es liegen könnte, dass der Knoten noch nicht geplatzt ist in dieser Saison, versuchte er im Gespräch mit dem Leichtathletik-Online-Magazin in Chemnitz zu erklären. steeple.de:
Karsten, zweiter Platz hier in Chemnitz. Der Pole Ziolkowksi hat bereits vor dem Wettkampf angekündigt, dass er die Deutschen schlagen will. Es ist ihm gelungen. Wie beurteilst Du den Wettkampf aus Deiner Sicht?Karsten Kobs:
Er hat sein Versprechen eingehalten. Wir haben uns hier in Deutschland schlagen lassen, das ist keine schöne Sache. Für mich war es wieder ein 79-Meter-Wettkampf. Davon habe ich heuer schon sechs oder sieben Stück gemacht. Ich bin doch recht unzufrieden. Ich bin heute im fünften Versuch erst so richtig dahintergekommen, was man machen muss, um weit zu werfen. Ich habe mich aber dann von mir selber ein bisschen ablenken lassen, um im sechsten Versuch noch einen draufzusetzen. Deshalb muss ich sehen, dass ich in den paar Tagen bis zu den Deutschen Meisterschaften da ansetze, wo ich heute aufgehört habe. Ich bin wieder etwas näher dran, wie man vielleicht 80 Meter wirft. Da muss man jetzt ansetzen. Ich kann nur sagen, ich gebe immer mein Bestes, aber das ist manchmal nicht gut genug.

steeple.de:
Wo siehst Du Dich jetzt momentan international, auch was diese achtzig Meter betrifft, die im Hinblick auf Sydney sicherlich fallen müssen?

Karsten Kobs:
Was hat man von achtzig Metern? Da steht dann eine Acht, aber weiter vorne ist man damit auch nicht.

steeple.de:
Wie sieht jetzt Deine weitere Planung bis Sydney aus?

Karsten Kobs:
Es war irgendwann mal eine Planung da. Ich hoffe auch, dass ich die irgendwie durchziehen kann, aber da ist zuviel Planlosigkeit reingekommen. Ich kann auch nicht immer nur aus dem Bauch heraus trainieren. Deshalb muss ich sehen, dass ich ein paar gute Einheiten hintereinander erwische. Vielleicht hilft da auch das Wetter in der nächsten Woche ein bisschen. Ich würde schon gerne wissen, wie es ist, wenn man Wettkämpfe über 15 Grad macht. Man kann nur nach vorne kucken. Der Wettkampf in Chemnitz ist vorbei. Resignieren werde ich nicht, sonst hätte ich nach dem dritten Versuch aufgehört. Es ist nicht meine Philosophie, einfach aufzugeben.

steeple.de:
Du hast das Wetter schon angesprochen, das gerade in den letzten Wochen nicht so toll war. Das scheint auch im Hinblick auf die noch fehlenden Olympianormen Einfluss genommen zu haben. Wie siehst Du diese Situation?

Karsten Kobs:
Eigentlich ist das mit dem Wetter keine schlechte Sache, denn viel anders wird es in Sydney auch nicht aussehen, schätze ich. Nur, um wirklich im Wettkampf Würfe auch mal reihenweise über achtzig Meter oder sogar noch weiter, wie es geplant war, bringen zu können, muss man auch mal auf das Wetter schimpfen. Das macht zwar jeder, aber das Wetter ist einfach auch Voraussetzung dafür, um im Training mal warme Trainingseinheiten gehabt zu haben, um zu wissen, wie das ist, bis zum letzten Quentchen alles ausgereizt zu haben. Zehn Grad sind bei uns zwischen ein und zwei Meter. Das ist so und das wird auch nie anders sein. Wenn es heute fünf Grad gewesen wären, hätte hier niemand über 78 Meter geworfen. Bei 30 Grad hätte jeder dafür noch einen Meter weiter geworfen. Es ist auch eine Kopfsache. Wenn man den blauen Himmel und die Sonne sieht, fühlt man sich einfach anders. Wenn man aber die Jacke auszieht und es fährt einem gleich ein kalter Hauch in die Knochen, dann ist das einfach keine gute Voraussetzung. Das soll aber nicht heißen, dass jetzt nur das Wetter schuld ist. Es kommt einfach alles zusammen in diesem Jahr.

steeple.de:
Tim Lobinger hatte sich dahin gehend geäußert, dass ein kleines Team in Sydney gar nicht so schlecht wäre, weil dann wie beim Europacup ein anderer Teamgeist zu spüren ist. Stimmst Du ihm da zu?

Karsten Kobs:
Dann haben mehr Leute ein Einzelzimmer… Von den achtzig, neunzig geplanten Teilnehmern fahren zwischen sechzig und siebzig, schätze ich. Viele haben auch nur noch einmal die Norm zu bringen. Zu den Deutschen Meisterschaften ist man auch ganz anders motiviert oder legt sich anders ins Zeug. Es soll vielleicht ein bisschen wärmer werden nächste Woche. Deshalb rechne ich mit maximal siebzig Teilnehmern. Ein solches Team ist keine schlechte Voraussetzung, denn es sind ja nicht zum gleichen Zeitpunkt alle da. Die Leute kommen etappenweise und vielleicht kann man sich dann ein bisschen auf ein paar andere konzentrieren, die wirklich ganz neben sich stehen und noch aufbauen. In letzter Hinsicht sind wir immer noch ein Team. Wenn für den einzelnen der Wettkampf vorbei ist, muss er zusehen, dass er den anderen noch irgendwie hilft. Im Endeffekt profitiert man auch von den Leistungen der anderen in irgendeiner Art und Weise.  

steeple.de:
Vielen Dank für das Gespräch, Karsten. Viel Glück weiterhin auf dem Weg nach Sydney!

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