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Interview mit Dr. Clemens Prokop

„Dortmund erster Höhepunkt“

Nach 100 Tagen im Amt will DLV-Präsident erste Erfolge präsentieren

28.05.01 (fc) Dr. Clemens Prokop, seit nunmehr rund zwei Monaten als DLV-Präsident im Amt, machte am vergangenen Sonntag einen Abstecher zum Internationalen Meeting in Ingolstadt und beobachtete dort natürlich auch die Auftritte der deutschen Athleten, die zum Teil an der Donau in den Sommer einstiegen. Das Leichtathletik-Online-Magazin unterhielt sich mit ihm über die sportliche Situation im WM-Jahr, die Lage bei den derzeit krisengeschüttelten deutschen Meeting-Veranstaltern und seine ersten Wochen in seiner neuen Position.

Steeple:
Herr Dr. Prokop, gerade auch in Ingolstadt war die Finanzierbarkeit einer solchen Leichtathletik-Veranstaltung in diesen Tagen ein vieldiskutiertes Thema. Tim Lobinger machte deutlich, dass dieses Meeting nicht sterben darf. Sie waren vor Ort. Wie stehen Sie dazu?

Dr. Clemens Prokop:
Ich war auch in der Vergangenheit bei fast allen Meetings in Ingolstadt. Ich finde es wichtig, dass wir in Bayern ein solches Highlight der nationalen und internationalen Leichtathletik haben. Wenn ich die Teilnehmerliste betrachte, denke ich, dass Ingolstadt einen Spitzenplatz in der Leichtathletikszene hat. Somit ist nicht nur eine Existenzberechtigung da, sondern auch die Verpflichtung, dieses Meeting in der Zukunft aufrecht zu erhalten.

Steeple:
Ein zentraler Punkt war in Ingolstadt auch die mangelnde Fernsehpräsenz, die für Sponsoren von zentraler Wichtigkeit ist. Der DLV schloss kürzlich einen höher dotierten Fernsehvertrag mit den öffentlich-rechtlichen Sendern ab. Ergibt sich dadurch nicht das Problem, dass sich diese Sender von den kleineren Meetings zurückziehen?

Dr. Clemens Prokop:
Ich denke nicht. Vielmehr hängt es ganz entscheidend von der Attraktivität der einzelnen Meetings ab. Bei einigen Meetings wurden einfach in der Vergangenheit Fehler gemacht. Man muss sehen, dass Zuschauer vor allem an Leistungen deutscher Athleten interessiert sind und dass sie spannende Wettkämpfe an sich sehen wollen. Die bloße Rekordjagd, die in den letzten Jahren oft bei Meetings stattgefunden hat, war kontraproduktiv. Man muss in der Konzeption der Meetings umdenken und eine Systematik in die Meetings bringen. Man muss es schaffen, dass die Leichtathletik in ihrer vollen Bandbreite, aber nicht im Sinne einer Wundertüte, ausgeschöpft wird.

Steeple:
Momentan sind die einzelnen Veranstalter von den Meetings in Deutschland sehr mit sich selbst und den eigenen Problemen beschäftigt, so dass kaum Potenzial da ist, um gemeinsam an einem Strang zu ziehen. Wie sehen Sie gerade hier die Zukunft dieser doch für die Sportart wichtigen Events? 

Dr. Clemens Prokop:
Wir müssen hier zu einer Koordination kommen. Wir müssen auch zu einer Systematik in den deutschen Meetings kommen. Wir müssen die Fehler, die gemacht worden sind, beheben. Ich denke ganz entscheidend muss sein, dass wir es schaffen, unseren Nachwuchs in diese Veranstaltungen einzubinden im Sinne einer Heranführung an die internationalen Top-Events. Auf diesem Weg können die German Meetings eine ganz entscheidende Rolle spielen. Auch bei der Präsentation der Leichtathletik in Deutschland. Aber ich denke, es müssen einige Änderungen vorgenommen werden.

Steeple:
Wir befinden uns momentan noch am Beginn der Freiluftsaison. Dennoch sind einige Athleten derzeit angeschlagen, andere sind noch weit von ihren Möglichkeiten entfernt. Bereitet Ihnen das im Hinblick auf die WM in Edmonton bereits Kopfzerbrechen?

Dr. Clemens Prokop:
Man muss ganz klar sehen, der Saisonhöhepunkt ist die Weltmeisterschaft in Edmonton. Es wäre verfehlt, wenn jetzt die Höchstleistungen gebracht würden und in Edmonton sozusagen der Ausklang stattfinden würde. Ich denke, es ist wichtig, dass wir eine kontinuierliche Steigerung bis dahin haben. Ich rechne damit, dass wir am 9. Juni in Dortmund den ersten Höhepunkt erleben, weil dort die Qualifikationen in ganz entscheidendem Umfang stattfinden werden. Wir müssen der Leichtathletik die Zeit geben, sich auf den Höhepunkt hin zu entwickeln. Es ist in sich logisch, dass wir nicht jetzt die Höhepunkte erleben, sondern erst bei der WM in Edmonton. 

Steeple:
Sie sind nun rund 60 Tage in Ihrer neuen Funktion als DLV-Präsident im Amt. Kurzfristig standen mit dem Fall Baumann oder dem Konflikt von Stuttgart mit Münchem im Zusammenhang mit der Bewerbung um das Grand-Prix-Finale 2002 und der Europameisterschaft erste Aufgaben an. Können Sie schon ein erstes Zwischenfazit nach der kurzen Zeit ziehen?

Dr. Clemens Prokop:
Ich denke, nach 60 Tagen ein Resümee zu ziehen, wäre ein bisschen verfrüht. Ich kann sagen, dass wir die juristische Auseinandersetzung mit Dieter Baumann beendet haben. Das ist ein Erfolg, weil wir damit aus diesen Querelen herausgekommen sind und damit wieder die sportlichen Schlagzeilen füllen können. Wir haben auch die Problematik zwischen München und Stuttgart, bezogen auf die Europameisterschaft 2002, gelöst. Wir sind dabei, strukturelle Fragen anzugehen. Ich denke, dass 100 Tage Schonungsfrist ausreichen, und wir, so ist es auch geplant, nach dieser Zeit bereits einige deutliche Leistungen des Präsidiums präsentieren können.

Steeple:
Vielen Dank für das Gespräch.