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Weltmeisterschaft in Edmonton

Schultz liefert Material für „Big Story“

Das weltweite Donnerwetter eines deutschen Hoffnungsschimmers 

07.08.01 (fc) Was waren die deutschen Viertelmeiler in den letzten Jahren mit Hohn und Spott überschüttet worden. Wie sehr trauerte man Thomas Schönlebe als letztem 400-Meter-Helden, Weltmeister und Europarekordhalter hinterher. Und plötzlich, ganz unverhofft, kommt einer nach Edmonton zur WM und macht sein Ding. Sein Name: Ingo Schultz. Seine neue Bestzeit: 44,66 Sekunden: Sein Lohn: Vize-Weltmeister.

Es ist eine der Geschichten, die der Sport schreibt und es ist eine der Geschichten, die der in die Krise geredeten deutschen Leichtathletik mehr als nur gut tut. Aus dem Hoffnungsschimmer am deutschen 400-Meter-Himmel wurde binnen drei Tagen ein Donnerwetter, das auch weit über die deutschen Grenzen hinaus zu hören war.

Nach seinem Halbfinalsieg in der neuen Bestzeit von 44,66 Sekunden war es zunächst die deutsche Medienmeute, die ihn und seinen Trainer Jürgen Krempin umlagerte. Dann kamen Anfragen der „Times“ und anderer englischsprachiger Medien. Schultz, der just während der letzten Weltmeisterschaft in Sevilla ein Praktikum in den USA gemacht hat, war plötzlich ein Objekt der öffentlichen Begierde auf der Suche nach einer der großen Geschichten. Er liess sich davon nicht aus der Ruhe bringen, er schaltete ab. Die letzte Trainingseinheit vor dem großen Finale fand auf dem IKEA-Parkplatz vor dem Athletenhotel statt.

Dann zog Ingo Schultz im Endlauf aus, um die große Story perfekt zu machen. Locker und gelöst lächelte er, als sein Name durch das Commonwealth Stadium hallte. Angespannt und ohne einem Zucken auf den Lippen standen die meisten seiner Konkurrenten am Start. Dann ging es auf die Strecke, eine der härtesten in der Leichtathletik überhaupt. Wie gewohnt gab Schultz Gas: „Ich machte von Anfang an Feuer.“ Er überlief bald den gemächlichen Antonio Pettigrew, von dem er wusste, dass er auf den letzten Metern noch einmal aufkommen würde: „Den habe ich gleich eingepackt.“ Danach ging es darum, das Tempo zu halten und er bog mit dem späteren Weltmeister Avard Moncur und dem Jamaikaner Greg Haughton als Dritter auf die Zielgerade ein. Sein Trainer Jürgen Krempin zitterte, als er dahinter Pettigrew nun angreifen sah: „Als er kam, dachte ich, Ingo wird noch abgefangen. Das war schon heftig. Aber dann hat plötzlich er noch einen abgefangen.“

Es war der zweite Platz. Eine Silbermedaille für einen Deutschen über 400 Meter, einer Disziplin, die in den letzten Jahren von schwarzen Athleten bestimmt wurde. Unglaublich, aber wahr. Kein Wunder, dass man am Abend nach Schultz‘ Erfolg im DLV-WM-Club in Edmonton bei den Verantwortlichen um die Wette strahlte. Das Fernsehteam des ZDF hatte den neuen deutschen Leichtathletik-Helden dort in Empfang genommen und ihn die ersten Minuten auf Schritt und Tritt begleitet. Nach einer Stärkung folgte die obligatorische Pressekonferenz und noch lange nach dem offiziellen Teil wollten die deutschen Journalisten mehr von Ingo Schultz und Silbercoach Jürgen Krempin wissen.

Dabei ist alles eigentlich ganz einfach. Selbstvertrauen, Unbekümmertheit und natürlich das sportliche Talent für die Leichtathletik, das Krempin erst vor drei Jahren entdeckte, sind die drei Faktoren, die Ingo Schultz zu dem machen, was er jetzt ist: Ein junger, sympathischer Athlet mit markanten Sprüchen, der ganz Leichtathletik-Deutschland jubeln lässt und sich im Gegensatz zu manch anderem etwas zutraut und es auch kund tut: „Ich hatte das Gefühl ich kann auch Weltmeister werden.“ Und eines ist ganz sicher: Geschichten werden über Ingo Schultz jetzt ohne Ende geschrieben und auch mit diesen Zeilen ist noch längst nicht alles gesagt, was es zu dem, was das deutsche Nordlicht in Kanada vollbracht hat, zu berichten gäbe.

Das Leichtathletik-Online-Magazin ist vor Ort und berichtet für Sie direkt aus Edmonton!

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