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Saison 2001

Christine Döllinger lässt aufhorchen

Quelle-Athletin beim Berlin-Marathon unter den Top Ten

05.10.01 (ki) Mit Rang neun beim Berlin-Marathon ist Christine Döllinger vom LAC Quelle Fürth / München in die deutsche Spitze über die längste Olympische Laufstrecke vorgestoßen. Mit 2:38:52 Stunden wurde sie zweitbeste deutsche Läuferin noch vor der Deutschen Meisterin Ines Cronjäger. Es war ein langer Weg vom deutschen Jugend-Meistertitel (1990) über 1.500 Meter bis zum Durchbruch im Marathon.

In Bayern sind erst vier Athletinnen schneller als 2:38:52 Stunden gelaufen. Von denen hat die Rekordhalterin Kathrin Dörre (2:24:15) nie in Bayern gewohnt, sie ist „nur“ für den LAC Quelle gestartet. Mit Monika Schäfer, sie qualifizierte sich 1987 mit 2:33:22 Stunden für die WM in Rom, und Susi Riermeier (wurde 1984 Deutsche Meisterin einer 2:34er Zeit) sind noch zwei Athletinnen des LAC Quelle Fürth vor ihr. Einzige nicht LAC-Läuferin in der bayerischen Bestenliste vor Christine Döllinger ist die Landshuterin Heidi Hutterer, die 1986 auf 2:36:39 Stunden kam.

Im Winter holte sich die Roßtalerin noch unter ihren Mädchennamen Stief ihre beiden ersten Einzelmedaillen bei Deutschen Meisterschaften in der Frauenklasse. Über 3.000 Meter in der Halle und im Crosslauf wurde sie Vizemeisterin. Auch bei den 10 000-Meter-Meisterschaften im Mai schaffte sie einen großen Sprung nach vorne: mit 34:16 Minuten blieb sie zum ersten Mal unter 35 Minuten. Eine Grenze, an der sie schon fast verzweifelte, so oft war sie schon ganz knapp darüber geblieben.

Top-Leistung trotz voller beruflicher Belastung

Dies alles gelang ihr ohne Vergünstigungen im Beruf, dabei sollte man meinen, dass Deutschlands größter Sportartikelhersteller seine Mitarbeiter in ihrem sportlichen Streben nach besten Kräften unterstützt. Einzig beim Berlin-Marathon gab es eine kleine Hilfe. Durch den Start im adidas-Salomon-Team musste sie sich nicht um die Anmeldung kümmern, diese geschah jedoch noch vor ihrer Hochzeit im Juli, so dass sie in Berlin noch unter ihrem Mädchennamen an den Start ging. „Eine Sonderstellung in der Arbeit würde mich nur unter Druck setzen,“ gewinnt Christine Döllinger den fehlenden Freiheiten im Beruf seine guten Seiten ab. Ihre Trainingspartner beim LAC Quelle Fürth haben alle Teilzeitbeschäftigungen und sind deswegen stärker auf den Sport fixiert, was, wie die Ergebnisse der letzten Jahre gezeigt haben, nicht nur leistungsfördernd ist. Da sie auch keinen Ausrüstervertrag mit Adidas hat, muss sie seit dieser Saison als Adidas-Angestellte im Wettkampf mit Kleidung vom Ortsrivalen Puma an den Start gehen.

„Ich habe kein Trainingslager gemacht, lediglich kurz in St. Moritz vorbei geschaut,“ lässt sie in ihren Trainingsalltag blicken. Ihre Trainingspartner vom LAC waren drei Wochen in der Höhe, sie müssen bei der Marathon-Meisterschaft in Frankfurt am 28. Oktober noch beweisen, dass Höhentraining eine Leistungssteigerung mit sich bringt. Ohne geht es auf alle Fälle auch, wie Christine Döllinger bewiesen hat. Ihr Trainingstag ist nicht ohne, trotz starker beruflicher Beanspruchung hat sie sich ganz konsequent auf den Wettkampf in Berlin vorbereitet. Stress in Form von fehlender Freizeit ist dabei immer mit dabei, am Donnerstag vor dem Marathon war sie noch bis 21.00 Uhr im Büro in Herzogenaurach, um Entwicklungen im Schuhbereich mit ihren Kollegen in Übersee abzustimmen. „Das Training lässt sich noch ganz gut unterbringen, die Regeneration kommt aber immer zu kurz,“ beschreibt sie das größte Problem aller berufstätigen Spitzensportler.

Der Kampf um Startnummer, Chip und Getränkeflasche

Das Anstehen auf der Marathonmesse, um an Startnummer und Chip (ist für die Zeitmessung unerlässlich) zu kommen, dauerte länger als der Lauf selbst. Auch hier zeigt sich wieder der Unterschied zwischen Profi und Amateur. Der eine muss sich um nichts selbst kümmern, der andere muss sehen, wie er zurecht kommt. Um die Getränkeflasche mit auf den Tisch für die Top Athleten zu bekommen, musste Christine Döllinger mehr Kraft und Energie aufwenden, als beim Marathon selbst, Startnummer 7511 ist kein Zeichen für die Zugehörigkeit zur Spitze. Zumal ihre Zeit von ihrem ersten Marathon (2:49 Stunden beim 100. Boston Marathon im April 2000 gelaufen) in keiner Bestenliste aufgetaucht ist. Eine Anmeldung über ihren Trainer und Manager Andreas Michallek hätte diesen Stress sicher vermeiden helfen.

Mit 1:18:58 Stunden ist Christine Döllinger die zweite Hälfte des 42,195 Kilometer langen Laufes um fast genau eine Minute schneller gelaufen, als den ersten Streckeabschnitt. „Das hat mich am meisten überrascht,“ gesteht sie offen ein. Dabei ist sie den achten Fünf-Kilometer-Abschnitt (von 35 auf 40) am schnellsten gelaufen, die 18:30 Minuten waren zehn Sekunden schneller, als die ersten fünf Kilometer. 

„Das machen, was alles zu kurz gekommen ist,“ sind die Ziele für die nächsten Wochen, sollten die Beine bis zum Sonntag schon wieder mitmachen, möchte sie beim Kärwa-Lauf in Fürth starten. Vor einem Jahr war sie Zweite, ihr Vereinskollege Carsten Eich hat 1999 eine Woche nach dem Köln-Marathon den Kärwa-Lauf gewonnen. Wenn das kein gutes Zeichen ist!

von Theo Kiefner

 

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